Leitsatz

  • Anlegung eines Gehwegs und eines Stellplatzes auf Grünfläche als nachteilige bauliche Veränderung

    Bekanntmachung einer WE-Gerichtsentscheidung auch durch Verkündung der vollständigen Entscheidung bei Anwesenheit aller Beteiligten

 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 S. 2 WEG, § 16 Abs. 3 FGG

 

Kommentar

1. Die Anlegung eines Gehwegs und eines Stellplatzes zulasten des Grünbereiches einer gemeinschaftlichen Grundstücksfläche stellt eine bauliche Veränderung dar, die wegen der nachteiligen Beeinträchtigung des Gesamteindruckes der Wohnanlage i. d. R. der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer bedarf. Die Kosten einer baulichen Veränderung stellen allerdings für sich allein noch keinen Nachteil im Sinne des § 14 WEG für denjenigen Eigentümer dar, der einer Änderungsmaßnahme, der er nicht zustimmen musste, nicht zugestimmt hat. Hier gilt nämlich die Kostenfreistellungsregelung des § 16 Abs. 3, 2. Halbsatz WEG (so schon BayObLG, NJW 1981, 690/691 und Demharter, MDR 1988, 265/266); Änderung der Rechtsprechung in der Entscheidung vom 9. 6. 1975, BayObLG Z 1975, 201/206).

2. In WE-Sachen können Hauptsacheentscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts außer durch förmliche Zustellung auch durch Verkündung der vollständigen Entscheidung in Anwesenheit aller Beteiligten wirksam bekanntgemacht werden ( § 16 Abs. 3 FGG, BayObLG Z 1988, 436/439 und WuM 1989, 459). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, läuft ab diesem Zeitpunkt auch die 2-wöchige Rechtsmittelfrist.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 28.06.1990, BReg 2 Z 67/90= WE 10/91, 290)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Im vorliegenden Fall wurde die Nachteilswirkung der baulichen Veränderungsmaßnahmen in der nicht duldungspflichtigen Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Wohnanlage gesehen, d. h. einer Würdigung und Tatsachenermessensentscheidung der Vorinstanzgerichte, die Rechtsfehler nicht erkennen ließ.

Allerdings bin ich nach wie vor der Auffassung, dass auch hinsichtlich solcher, im Kosten- bzw. Kostenverteilungspunkt nicht differenzierender Beschlüsse, in der bei Beschlussfassung i. d. R. gewollten Kostenbeteiligung aller Eigentümer selbst eine zusätzliche Nachteilswirkung liegen könnte. Unabhängig von der (abänderbaren) Kostenverteilungsregelung des § 16 Abs. 3 WEG sind nämlich bauliche Veränderungsgestattungsbeschlüsse nach der insoweit zwingenden Regelung des § 10 Abs. 3 und Abs. 4 WEG für überstimmte Eigentümer und für Sondernachfolger mangels Anfechtung bindend und werden bestandskräftig. § 16 Abs. 3 der abdingbaren Kostenverteilungsregelung des § 16 WEG betrifft m. E. allein die Fälle, in denen Sondereigentümer an ihrem Sondereigentum auch mit Auswirkung auf das Gemeinschaftseigentum (genehmigter- oder geduldetermaßen) nachteilige bauliche Veränderungen vorzunehmen beabsichtigen bzw. bereits durchgeführt haben; in diesem Fall regelt § 16 Abs. 3 WEG die alleinige Kosten- und insbesondere wohl auch Folgekostenverantwortlichkeit des ändernden Eigentümers, da in solchen Änderungsfällen nicht zustimmende Eigentümer - zumindest stillschweigend - nicht mit späteren Kosten (evtl. sogar das Gemeinschaftseigentum betreffend) belastet werden sollen (Kostenverantwortlichkeitsgrundsatz und Veranlasserhaftung). Beschließen demgegenüber Eigentümer bauliche Veränderungen am/im/auf dem Gemeinschaftseigentum, ist es im Regelfall Wille der beschließenden Eigentümer, dass bei Bestandskraft eines solchen Beschlusses auch alle Eigentümer anteilig die Kosten solcher Änderungsmaßnahmen zu tragen haben.

[Fragen zu § 16 Abs. 3 WEG sind noch nicht abschließend geklärt.]

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