1 Leitsatz
Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten; dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung vor dem 1.12.2020 getroffen wurde.
2 Normenkette
§ 12 WEG
3 Das Problem
In der Wohnungseigentumsanlage, in der es nur die Wohnungseigentümer 1 und 2 und keinen Verwalter gibt, heißt es in der Gemeinschaftsordnung wie folgt: "Ein Wohnungseigentümer bedarf zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grunde versagt werden. Der Zustimmung des Verwalters bedarf es nicht. …" Wohnungseigentümer 1 verkauft am 17.11.2021 sein Wohnungseigentum. Er bittet Wohnungseigentümer 2, dem Verkauf zuzustimmen. Dieser weigert sich. Wohnungseigentümer 1 verklagt daher Wohnungseigentümer 2 auf Zustimmung. Das AG gibt der Klage statt. Auf die Berufung weist das LG die Klage ab. Begründung: Wohnungseigentümer 1 hätte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagen müssen! Dagegen richtet sich die Revision zum BGH.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Sehe die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedürfe, sei eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Der Senat habe bereits entschieden, dass die Klage auf Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums für den Fall einer in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Verwalterzustimmung seit dem 1.12.2020 stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sei, weil nunmehr die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis ausschließlich dem "Verband" obliege. Nichts anderes gelte, wenn die Gemeinschaftsordnung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordere. Auch hier entspreche es seit dem 1.12.2020 der gebotenen objektiven und nächstliegenden Auslegung, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als zuständig und damit als passivlegitimiert anzusehen. Hierfür spreche entscheidend, dass der Gesetzgeber die Aufgaben und Befugnisse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer neu ausgestaltet habe. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliege sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis ausschließlich der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Eine Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG diene außerdem dem Schutz der Wohnungseigentümer gegen den Eintritt unerwünschter Personen in die Wohnungseigentümergemeinschaft. Durch das Erfordernis der Zustimmung sollten sich die übrigen Wohnungseigentümer dagegen schützen können, dass Wohnungseigentum in die Hand eines persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers gerate. Damit sei ein Zustimmungsvorbehalt maßgeblich im Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vereinbart. Diese sei betroffen, wenn sich der Erwerber als persönlich oder finanziell unzuverlässig erweise. Daher komme es auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zustimmung aus einem wichtigen Grund versagt werden dürfe, nicht auf die Interessen einzelner Wohnungseigentümer an, sondern darauf, ob die Veräußerung bei objektiver Betrachtung eine gemeinschaftswidrige Gefahr für die übrigen Wohnungseigentümer darstelle. Zwar sei der Revision zuzugeben, dass nach § 12 Abs. 1 WEG ein Zustimmungserfordernis auch zugunsten nur einzelner Wohnungseigentümer begründet werden könne. Das besage jedoch nichts darüber, wie eine Vereinbarung zu verstehen sei, welche die Zustimmung "der anderen Wohnungseigentümer" fordere.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um das Verständnis einer Vereinbarung. Zu fragen ist, wer für die Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums zuständig ist. Nach dem Wortlaut der entsprechenden Vereinbarung sind die anderen Wohnungseigentümer zuständig. Das LG meint, diese Anordnung im Wege der Auslegung umdeuten zu können.
Die BGH-Lösung
Der BGH schließt sich der LG-Auslegung an! Jedenfalls einer Gemeinschaft, in der es nur 2 Wohnungseigentümer gibt, ist diese Klärung aber nicht unbedingt einleuchtend. Aber auch im Übrigen kann nach einer historischen Auslegung, nach dem Wortlaut der Vereinbarung und nach ihrem Sinn und Zweck, dem anderen Wohnungseigentümer eine Möglichkeit einzuräumen, zu überprüfen, wer neben ihm der weitere Wohnungseigentümer ist, es eigentlich keinem Zweifel unterliegen, dass die Zustimmung nicht von der Gemeinschaft, sondern von dem einzigen weiteren Wohnungseigentümer zu erteilen ist. Ich selbst halte die Entscheidung daher nicht nur für falsch, sondern auch für lebensfremd. Es verursacht doch nur unnötige Kosten, wenn Wohnungseigentümer 1 jetzt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagt, vertreten durch Wohnungseigentümer 2, der allein berechtigt ist, den Willen der Gemeinschaft zu bilden.
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Die Frage, wie man vor dem 1.12.2020 geschloss...