Leitsatz

Wenn im Zeitpunkt des Zustimmungsersuchens zur Veräußerung von Wohnungseigentum, absehbar ist, dass infolge notwendiger Sanierungsmaßnahmen (hier: in Millionenhöhe!) erhebliche finanzielle Belastungen auf die einzelnen Wohnungseigentümer zukommen werden, darf der Verwalter klären, ob der Erwerbsinteressent in der Lage sein wird, diese zu bezahlen.

 

Normenkette

§ 12 WEG; § 91 a ZPO

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümerin K, Eigentümerin von 2 Wohnungseigentumsrechten, schließt am 3.8.2013 einen notariellen Kaufvertrag mit den Eheleuten E1 und E2. Nach der Gemeinschaftsordnung bedarf K zur Veräußerung der Zustimmung des Verwalters. K ersucht den aktuellen Verwalter B entsprechend.
  2. Mit Schreiben vom 8.8.2013 teilt B mit, Erkundigungen über die Solvenz und Bonität der Erwerber einholen zu müssen und bittet K um Vorlage entsprechender Unterlagen. In einem anschließenden E-Mail-Verkehr weist B unter anderem darauf hin, dass aufgrund einer anstehenden Fassadensanierung Kosten von 3 – 4 Mio. EUR auf die Wohnungseigentümer zukämen, worüber die Erwerber zu informieren seien und worauf sich die Zahlungsfähigkeit zu erstrecken habe. Mit Schreiben vom 20.8.2013 erklären E1 und E2, über das Kaufobjekt informiert zu sein und den Kauf finanzieren zu können. Auf etwaige Sanierungsmaßnahmen gehen sie nicht ein. Mit Schreiben durch ihre Prozessbevollmächtigten vom 23.8.2013 fordert K Verwalter B erneut zur Abgabe der Zustimmung bis zum 30.8.2013 auf. Mit E-Mail vom 28.8.2013 erklärt B, das Schreiben der Eheleute vom 20.8.2013 reiche nicht aus, da es sich nicht zu den Sanierungsmaßnahmen und der diesbezüglichen Zahlungsfähigkeit verhalte. Zudem seien noch Einkommensnachweise/Schufa-Auskünfte vorzulegen. Mit Schreiben vom 11.9.2013 übermittelt K eine Bestätigung der Schufa und setzt nun eine Frist zur Erteilung der Zustimmung bis zum 16.9.2013. Mit Schreiben vom 13.9.2013 erklärt B, es sei aufgrund noch fehlender Informationen eine weitergehende Prüfung erforderlich. Er werde in der 38. KW 2013 (diese lief bis zum 20.9.2013) auf die Angelegenheit zurückkommen. Mit Schreiben vom 20.9.2013 erklärt B dann, die Schufa-Auskünfte seien "nichtssagend". Zudem seien die Einkommensverhältnisse der Erwerber nicht bekannt und über die Zahlungsfähigkeit bezüglich der Sanierungsmaßnahmen sei auch nichts mitgeteilt worden.
  3. Am 20.9.2013 verklagt K den B auf Zustimmung. Daraufhin erklärt B – noch vor Zustellung der Klage – am 31.10.2013 dann doch die Zustimmung. Mit Schriftsatz vom 21.11.2013 – ebenfalls noch vor Zustellung der Klage – nimmt K die Klage zurück und stellt Kostenantrag zulasten von B. Das AG legt zunächst B die Kosten auf. Im Rahmen der Abhilfe seiner Beschwerde legt es hingegen K die Kosten des Rechtsstreits auf. Hiergegen wendet sich K mit ihrer sofortigen Beschwerde.
 

Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Entscheidung des AG, die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen i.S.v. § 91a Abs. 1 ZPO aufzuerlegen, sei nicht zu beanstanden. B habe sich nicht mit der Erteilung der Zustimmung in Verzug befunden. Er habe ein berechtigtes Interesse gehabt, die Kenntnis der Erwerber und deren Zahlungsfähigkeit im Hinblick auf die anstehenden Sanierungsmaßnahmen zu klären: Die mangelnde Sicherheit für die Erfüllung der Lastenbeitrags- und Finanzierungsverpflichtungen sei ein anerkannter wichtiger Grund i.S.v. § 12 Abs. 2 WEG. Den Veräußerer treffe zumindest eine Nebenpflicht, alles ihm Zumutbare zu tun, um dem Verwalter (oder der "Gemeinschaft") die Erfüllung der Prüfungspflicht zu erleichtern bzw. den Erwerber zur Selbstauskunft zu veranlassen. B hätten aber auch nach dem Schreiben vom 20.8.2013 und den mit Schreiben vom 13.9.2013 übermittelten Schufa-Auskünften keine diesbezüglichen Informationen vorgelegen. Die Auskünfte befassten sich nur allgemein mit der Solvenz der Eheleute. In keiner Auskunft werde konkret auf die anstehenden Sanierungsmaßnahmen und die diesbezüglichen Kosten eingegangen. Wenn jedoch bereits einigermaßen konkret absehbar erhebliche finanzielle Belastungen durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen auf den einzelnen Eigentümer zukommen, entspreche es einem berechtigten Interesse des Verwalters, auch die diesbezügliche Bonität zu klären. Insofern durfte B durch ihr Schreiben vom 20.9.2013 auch berechtigterweise auf noch ausstehende Prüfungen verweisen.

 

Kommentar

Anmerkung
  1. Eine nach § 12 Abs. 1 WEG notwendige Zustimmung darf nur aus wichtigem Grund versagt werden, § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG (BGH v. 13.5.2011, V ZR 166/10, NJW-RR 2011 S. 1453 Rn. 5). Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn der Erwerbsinteressent finanziell oder persönlich unzuverlässig ist (BGH v. 11.10.2012, V ZB 2/12, NJW 2013 S. 299 Rn. 13; BGH v. 27.4.2012, V ZR 211/11, NJW 2012 S. 2434 Rn. 11; BGH v. 15.6.1962, V ZB 2/62, NJW 1962 S. 1613).
  2. Im Fall war die Frage entscheidend, ob für die finanzielle Zuverlässigkeit des Erwerbsinteressenten neben der stets zu prüfenden Frage, ob er das laufende Hausgeld zahlen können wird, auch zu prüfen ist, ob er einen erhebli...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge