Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Mehrheitliche Ablehnung der Bestätigung eines früheren (nunmehr nichtigen) Beschlusses als Beschluss mit rein deklaratorischer Bedeutung
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 1, Abs. 4 WEG
Kommentar
1. Eigentümer hatten 1979 bestandskräftig (bei Vertretung von 671,4/1000stel Miteigentumsanteilen in der Versammlung) einstimmig beschlossen, dass die Kosten von Garagen-Sondereigentum gesondert erfasst und abgerechnet, insbesondere die einzelnen Garagen-Sondereigentumseinheiten von der Berechnung und Verteilung der Kosten für Heizung und Warmwasser ausgeschlossen werden sollten.
1999 wurde nach weiteren Abrechnungsstreitigkeiten neuerlicherBeschlussantrag gestellt, nochmals über den inhaltsgleichen Mehrheitsbeschluss vom 1979 abzustimmen. Dieser Beschlussantrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
2. Vorliegend konnte es offen bleiben, ob diesen neuerlichen Beschluss anfechtende Antragsteller innerhalb der Anfechtungsfrist ihre Rechtsstellung als Verfahrensstandschafter des vormaligen Eigentümers offengelegt und damit die Frist zur Anfechtung des Eigentümerbeschlusses als noch nicht im Grundbuch eingetragene Eigentümer gewahrt haben. Denn ein Antrag auf Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses ist auch als Antrag auf Feststellung seiner Nichtigkeit auszulegen . Dieser Antrag ist fristungebunden; er konnte auch aus eigenem Recht gestellt werden, da die Antragsteller noch vor Erlass der amtsgerichtlichen Entscheidung als Eigentümer der Garagen im Grundbuch eingetragen wurden.
3. Der neuerliche Eigentümerbeschluss ist jedoch weder nichtig, noch wäre er auf rechtzeitige Anfechtung hin für ungültig zu erklären. Hier erschöpfte sich der neuerliche Beschluss nicht in der Ablehnung eines Beschlussantrages; vielmehr ergibt sich aus dem Protokoll, dass die Bestätigung des früheren Beschlusses abgelehnt wurde mit der Folge, dass künftig auch hinsichtlich der Garagen die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung für die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten maßgebend seien.
Der frühere Beschluss von 1979 ist nach neuer Rechtsprechung des BGH wegen fehlender Beschlusszuständigkeit der Eigentümer nichtig (BGH, NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771/775); dem schließt sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsmeinung nunmehr an.
Angesichts der Nichtigkeit des Ausgangsbeschlusses, der durch den neuerlichen Beschluss aufgehoben werden sollte, kommt letzterem nur deklaratorische Bedeutung zu; mit dem neuen Beschluss wird lediglich festgestellt, dass der in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Kostenverteilungsschlüssel für die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten [wieder] maßgebend ist.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 5.000,-
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 20.12.2000, 2Z BR 61/00)
Zu Gruppe 5
Anmerkung:
In dieser Entscheidung hat sich nunmehr erwartetermaßen auch das BayObLG entgegen früherer Meinung der neuen Rechtsprechung des BGH angeschlossen.
Interessant ist allerdings auch noch die Tatsache, dass hier von einem Beschluss gesprochen wurde, obwohl ein Antrag mehrheitlich abgelehnt wurde. Hier folgt wohl auch das BayObLG neuer Literaturmeinung, dass auch in solchen Fällen von einem grds. angreifbaren Beschluss auszugehen ist (also nicht von einem sog. Negativ- oder Nichtbeschluss), wenn sich das Abstimmungsergebnis nicht in der Ablehnung eines Beschlussantrages erschöpft; auch diese neue Meinung dürfte sich wohl in Zukunft verfestigen und im Zweifelsfall bei Anfechtungen Wahrung der Monatsfrist empfehlenswert erscheinen lassen.