Leitsatz

Es verstößt weder gegen § 551 BGB, wenn ein genossenschaftsrechtlicher Vermieter sowohl Genossenschaftsanteile als auch Mietsicherheit verlangt, noch gegen das AGG, wenn eine Mietsicherheit nur von finanziell schwachen Personengruppen verlangt wird.

 

Sachverhalt

Eine Wohnungsgenossenschaft verlangte von einer Nutzerin für die Überlassung einer Wohnung aufgrund einer entsprechenden Regelung im Dauernutzungsvertrag die Leistung einer Kaution.

 

Entscheidung

Das Amtsgericht (AG) Kiel hat entschieden, dass die Genossenschaft gegen die Nutzerin einen Anspruch auf Leistung der vereinbarten Mietsicherheit hat. Dem Anspruch der eG steht nicht entgegen, dass die Nutzerin für die Überlassung der Wohnung bereits Genossenschaftsanteile übernommen und hierauf Zahlungen geleistet hatte. Dem Anspruch der Genossenschaft stand auch nicht entgegen, dass die eG nur von bestimmten Gruppen von Nutzern neben der Übernahme von Geschäftsanteilen zusätzlich eine Mietsicherheit verlangte.

Das Gericht hat in der Urteilsbegründung auf die ganz herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur hingewiesen, wonach die Vorschrift des § 551 BGB nicht ausschließt, dass ein Wohnungsnutzer verpflichtet wird, neben der Übernahme von Geschäftsanteilen mietvertraglich (d. h. hier im Rahmen eines (Dauer-)Nutzungsvertrags eine Kaution zu leisten (so u.a. LG Regensburg, Urteil v. 18.8.2009, 2 S 82/09, NZM 2010, 360; Feßler/Roth, WuM 2010, 67; Roth, NZM 2008, 356: Palandt, 70. Aufl., § 551 BGB, Rn. 2; Schmidt-Futterer, 10. Aufl., § 551 BGB, Rn. 87; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., III, Rn. 168).

§ 551 Abs. 1 BGB schreibt vor, dass in Fällen, in denen ein Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten hat, diese – von den anfallenden Zinsen, die die Mietsicherheit erhöhen, abgesehen – höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die (als Pauschale oder als Vorauszahlung) ausgewiesenen Betriebskosten betragen darf. Eine zum Nachteil des Mieters davon abweichende Vereinbarung ist unwirksam (Abs. 4 dieser Vorschrift).

Nach den Ausführungen des Gerichts ist streng zwischen genossenschaftsrechtlichen und mietrechtlichen Erklärungen der Parteien zu trennen. Es ist danach nicht Zweck des Geschäftsanteils, Ansprüche der eG zu sichern, auch wenn faktisch der Geschäftsanteil letztlich als eine solche Sicherheit dienen kann.

Nach Ansicht des Gerichts verstößt das Vorgehen der Genossenschaft auch weder gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) noch gegen den genossenschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das Gericht hat seine Auffassung damit begründet, dass die Genossenschaft von einer bestimmten Personengruppe zusätzlich zur Einzahlung auf Geschäftsanteile die Leistung einer Mietsicherheit verlangt. Darin liege aber weder eine Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Sinne von § 1 AGG. Die von der eG benannte Personengruppe ist nach Meinung des AG Kiel vor allem nicht als Benachteiligung aus Gründen einer Behinderung zu verstehen.

Vielmehr steht nach Ansicht das Gerichts fest, dass es um eine finanzielle Absicherung geht und die Genossenschaft somit Zweifel hat, dass die Personengruppe stets die potentiellen Ansprüche der eG wird ausgleichen können. Hierbei handelt es sich nach der Urteilsbegründung um einen sachlich gerechtfertigten Grund für eine Unterscheidung.

Gerade aus dem letzten Gedanken heraus sei auch nicht von einer genossenschaftsrechtlichen Ungleichbehandlung auszugehen, sondern es bestehe vielmehr eine ausreichende sachliche Rechtfertigung.

 

Praxishinweis

Auch wenn es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn eine Wohnungsgenossenschaft neben der Übernahme eines oder mehrerer Geschäftsanteile im Rahmen der Überlassung einer Wohnung die Leistung einer Kaution vereinbart, stellt sich natürlich vor allem die Frage, ob – gerade bei einkommensschwachen Personen – ein solcher Anspruch in wirtschaftlicher Hinsicht zu realisieren ist. Ggf. sollte überlegt werden, die Sicherheitsleistung auf einen geringeren Betrag als die zulässigen 3 Monatsmieten ohne Berücksichtigung der Betriebskosten, zu begrenzen. Da das Gericht selbst in seiner Urteilsbegründung ausgeführt hat, dass in der Praxis der Wohnungsgenossenschaften die Geschäftsguthaben faktisch als Kaution dienen, kann u.U. die Verpflichtung zur Leistung einer zusätzlichen "echten Kaution" mit anderen Vorteilen aufgrund der Mitgliedschaft in der jeweiligen eG begründet werden (z.B. regelmäßige höhere Dividenden für das eingezahlte Geschäftsguthaben ggü. der Verzinsung der Kaution, ggf. geringere Miethöhe im Vergleich zum allgemeinen Wohnungsmarkt)

 

Kommentar

Wichtig

Das Urteil des AG hat nicht die Auffassung bestätigt, dass zwischen der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft und dem Nutzungsverhältnis über eine Genossenschaftswohnung in Fällen der vorlieg...

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