Leitsatz

  • Vereinbarung grundsätzlich nur durch Vereinbarung änderbar (hier: zur Heiz- und Warmwasserkostenverteilung)

    Anfechtung einer Stimmabgabe

    Teil einer Vereinbarung kann ungültig sein

 

Normenkette

§ 10 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 119 BGB, § 123 BGB, § 139 BGB, § 3 HeizkostenV

 

Kommentar

1. Der in einer Gemeinschaftsordnung vereinbarte Heiz- und Warmwasserkostenverteilungsschlüssel kann nur durch eine Vereinbarung (Zustimmung aller Eigentümer) geändert werden (vgl. schon BayObLG, WuM 1989, 344). Eigentümer konnten zwar nach §§ 3, 6 Abs. 3 der HeizkostenV durch Mehrheitsbeschluss die Gemeinschaftsordnung ändern, wenn es notwendig war, einen der Heizkostenverordnung entsprechenden Verteilungsschlüssel erstmalig festzulegen; nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 HeizkostenV ist die Wahl der Abrechnungsmaßstäbe nur bis zum Ablauf von 3 Abrechnungszeiträumen nach Inkrafttreten der Verordnung möglich, wenn die Abrechnungsmaßstäbe zu diesem Zeitpunkt rechtsgeschäftlich bestimmt waren.

2. Bei dem allstimmigen Beschluss zur Änderung der vereinbarten Verteilung handelte es sich nicht um einen Eigentümerbeschluss, sondern um eine Vereinbarung. Ob eine von allen Wohnungseigentümern einstimmig getroffene Regelung einen Eigentümerbeschluss oder eine Vereinbarung darstellt, ist Auslegungsfrage. Ein Beschluss im technischen Sinne ist nur dann anzunehmen, wenn ein Gegenstand geregelt wird, der einem Mehrheitsbeschluss zugänglich ist. Auf die Wahl des Wortes "beschließen" kommt es nicht entscheidend an, zumal auch Vereinbarungen meist in der Form eines Beschlusses getroffen werden (BayObLG, WuM 1989, 528). Auch die gewollte Zukunftswirkung der Teilungserklärungsänderung hinsichtlich der Warmwasserkostenverteilung deute in Richtung einer Vereinbarung.

3. Die Stimmrechtsausübung ist als Willenserklärung nach allgemeinem Recht anfechtbar. Vorliegend lagen jedoch die Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung nach den §§ 119, 123 BGB nicht vor (nur unbeachtlicher Motivirrtum bei unrichtiger rechtlicher Würdigung einer Bestimmung der Heizkostenverordnung).

4. Die Feststellung der Unwirksamkeit einer Vereinbarung kann allerdings unter Berücksichtigung der Auslegungsregel des § 139 BGB auf selbstständige Regelungspunkte der Vereinbarung beschränkt werden. So wie die Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung auf einzelne Rechnungsposten beschränkt werden kann (BayObLG, DWE 1986, 57), kann auch die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Vereinbarung auf selbstständige Regelungspunkte beschränkt bleiben, wenn - wie hier - mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Vereinbarung auch ohne den unwirksamen Teil gewollt ist ( § 139 BGB).

5. Die Grenzen für den Inhalt einer Vereinbarung werden außer von §§ 134, 138 BGB auch von §§ 242, 315 BGB (Treu und Glauben bzw. Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen) gezogen. Daraus ergibt sich, dass grob unbillige Vereinbarungen unwirksam sind. Im vorliegenden Fall war vereinbart, dass ein Restaurantteileigentum 100 % der Heiz- und Warmwasserkosten nach eigener Warmwasseraufbereitungsanlage zu tragen hatte, also keine Anteile hinsichtlich der zentralen Warmwasserversorgungsanlage für die restlichen Wohnungseigentümer. Insoweit war eine neuerliche beschlossene Vereinbarung auf Einbeziehung dieses Eigentümers in der Abrechnung der zentralen Versorgungsanlage grob unbillig.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 23.05.1990, BReg 2 Z 46/90= NJW 18/1990, 1102 = WE 9/91, 258)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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