Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 4 WEG, § 242 BGB, § 890 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Im vorliegenden Fall ging es um den Streit der Vereinigung dreier im Eigentum eines Eigentümers stehenden Miteigentumsanteile (eine EG-Wohnung und 2 DG-Teileigentumseinheiten) sowie um die Änderung der in der Teilungserklärung genannten Nutzungsart der Speicher-Nebenräume (hier: zu Wohnzwecken).
2. Aus den Umständen, die in den wirtschaftlichen Risikobereich eines einzelnen Eigentümers fallen (hier: zusätzlicher Raumbedarf für eine Pflegeperson in DG- Teileigentumsräumen wegen Pflegebedürftigkeit des Eigentümers), kann keine Verpflichtung der übrigen Eigentümer abgeleitet werden, der Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum zuzustimmen. Eine solche Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum oder umgekehrt ändert den Inhalt des Sondereigentums und erfordert daher die hier auch nicht abbedungene Mitwirkung aller Wohnungs- und Teileigentümer (vgl. z.B. BayObLG, NJW-RR 97, 586, 587).
Demgegenüber kann sich ein Anspruch auf Zustimmung zur Abänderung der Nutzungsart nach Lage des Einzelfalles [ausnahmsweise] aus § 242 BGB ergeben, wenn nach h.M. außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der Vereinbarung als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (vgl. Senat, BGHZ 95, 137, 141). Auf dieser Grundlage kann sich u.U. auch ein Anspruch auf Veränderung der nach Teilungserklärung vorgesehenen Miteigentumsquote ergeben. Aus einem Erwerbsvertrag können allerdings keine Folgerungen für das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer gezogen werden. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht zu Recht strenge Anforderungen an die Abänderung der Teilungserklärung gestellt und vorgebrachte Gründe für eine solche Änderung nicht als ausreichend angesehen. Auch der Wunsch, eine Pflegekraft in den Räumen des DG-Teileigentums unterzubringen, führt nicht zu einer Verpflichtung der übrigen Eigentümer, einer Umwandlung der Räume in Wohnungseigentum zuzustimmen. Dass die übrigen Eigentümer am gegenwärtigen Zweckbestimmungszustand festhalten wollen, erscheint auch nicht als grob unbillig. Die Schaffung einer zweiten Eigentumswohnung würde hier die Rechtsposition der übrigen Eigentümer entsprechend schmälern (auch Lastenverteilungs-Benachteiligung sowie Schaffung einer zusätzlichen, vollwertigen Wohnung).
3. Ein einzelner Eigentümer kann jedoch - ohne Zustimmung der restlichen - mehrere ihm zustehende Wohnungseigentumsrechte zu einem einheitlichen Wohnungseigentum vereinigen (gem. § 890 Abs. 1 BGB durch Zusammenlegung der Miteigentumsanteile und Verbindung des neuen Anteils mit allen zu den bisherigen Einheiten gehörenden, im Sondereigentum stehenden Räumen zu einem einheitlichen Wohnungseigentum). Hierzu bedarf es nicht der Mitwirkung der übrigen Eigentümer (vgl. BayObLG, Report 1999, 9; Demharter, GBO, 22. Aufl., § 5 Rn. 5). Damit besteht für den betreffenden Eigentümer kein rechtlich geschütztes Interesse daran, dass die übrigen Eigentümer einer von ihm in Aussicht genommenen Einigung zustimmen.
4. Ist an Räumen, die nach Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum stehen, überdies durch die abweichende Bauausführung kein Sondereigentum entstanden, so lässt sich die "Anpassung" der ausgewiesenen Eigentumsverhältnisse an die tatsächliche Bauausführung mit einer Änderung der Teilungserklärung nicht erreichen. Es bedarf vielmehr rechtsbegründender Willenserklärungen und Eintragungen in das Grundbuch. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Sind also Räumlichkeiten im Aufteilungsplan zeichnerisch dargestellt, kann Sondereigentum nicht entstehen, wenn diese in der Örtlichkeit so nicht vorhanden sind. Entsprechende Teilflächen einer mit solchen Abweichungen errichteten Anlage bleiben demnach Gemeinschaftseigentum (vgl. Senat, OLGZ 86, 415, 420). Im vorliegenden Fall war deshalb nach diesen Grundsätzen jedenfalls an den Räumen, die nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum stehen sollten, durch die abweichende Bauausführung kein Teileigentum entstanden. Hier müsste auch in formeller Hinsicht ein neuerAufteilungsplan nebst zeichnerischer Darstellung vorgelegt werden; weiterhin müssten Folgeänderungen der Teilungserklärung sowie der Gemeinschaftsordnung bedacht werden (neue Quotelung der Miteigentumsanteile, Anpassung der Regelungen zur Lastenverteilung). Ein Rechtsschutzbedürfnis für ein gerichtliches Verfahren nach WEG entstünde erst dann, wenn sich der betreffende Beteiligte zuvor vergeblich auf der Grundlage eines vollständig ausgearbeiteten Vorschlags um die Zustimmung der übrigen Eigentümer bemüht hätte (wie hier nicht).
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz bei Geschäftswert des Verfahrens dieser Instanz von DM 6.000,-.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamm, Beschluss vom 10.06.1999, 15 W 11/99)
zu Gruppe 3: Begründung, Erw...