Leitsatz

Die Parteien hatten im Jahre 1994 geheiratet. Aus ihrer Ehe war ein zum Zeitpunkt des Verfahrens 12 Jahre altes Kind hervorgegangen. Seit der Trennung der Eltern im Januar 2003 kam es zu mehreren familiengerichtlichen Verfahren zwischen ihnen, die u.a. die elterliche Sorge und die Regelung und Durchsetzung des Umgangsrechts des Kindesvaters betrafen.

Mit Beschluss des FamG vom 23.9.2004 wurde der Kindesmutter vom AG die alleinige elterliche Sorge übertragen und eine Regelung zum Umgangsrecht des Kindesvaters getroffen. Gegen die Sorgeregelung legte der Vater, gegen die Umgangsregelung die Mutter Beschwerde ein. Im Juni 2005 erzielten die Eltern vor dem OLG eine Umgangsvereinbarung. Mit Beschluss aus dem Monat Juni 2005 wurde die Beschwerde des Kindesvaters gegen die Sorgeregelung zurückgewiesen und die Vereinbarung zum Umgangsrecht gebilligt. Die Vereinbarung sah u.a. vor, dass der Vater ab dem Kalenderjahr 2006 berechtigt sein sollte, mit dem Kind die Hälfte der Sommerferien zu verbringen.

Wegen der Umsetzung der Ferienregelung für den Sommer 2006 wandte sich der Vater an das FamG. Eine entsprechende einstweilige Anordnung des Gerichts konnte nicht durchgesetzt werden, weil die Kindesmutter die Herausgabe des Kindes verweigerte.

Auf Anregung des Jugendamtes wurde für das Kind eine Verfahrenspflegschaft eingerichtet und eine Rechtsanwältin, die auch über eine Ausbildung zur Diplom-Sozialpädagogin verfügte, zur Verfahrenspflegerin bestellt.

Mit ihrer Beschwerde wandte sich die Mutter gegen den Beschluss des Gerichts zur Bestellung der Verfahrenspflegerin. Sie machte geltend, dass keine Notwendigkeit zur Bestellung eines Verfahrenspflegers bestehe und zudem die bestellte Rechtsanwältin mit ihrer bisherigen Vorgehensweise den Aufgaben einer Verfahrenspflegerin nicht gerecht geworden sei. Die von ihr durchgeführten Hausbesuche gehörten nicht zu den Aufgaben eines Verfahrenspflegers. Sie habe versucht, auf die Entscheidungen des AG Einfluss zu nehmen und sich ggü. der Mutter als voreingenommen erwiesen.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG folgte der in Literatur und Rechtsprechung überwiegenden Auffassung, wonach die Bestellung und Auswahl eines Verfahrenspflegers nicht gesondert anfechtbar ist (vgl. z.B. OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2006, 85; OLG Nürnberg, FamRZ 2008, 73; KG, KGReport Berlin 2006, 962; FamRZ 2004, 1591; OLG Köln FamRZ 2006, 282; OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2005, 584).

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers diene dem Zweck, dem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes auf Gewährung rechtlichen Gehörs Geltung zu verschaffen und stelle eine nicht anfechtbare verfahrensleitende Zwischenentscheidung dar. Soweit mit der Bestellung das Sorgerecht des Sorgerechtinhabers tangiert werde, sei der darin liegende Eingriff nur geringfügig und habe hinter dem Grundrechtsschutz des Kindes zurückzutreten. Deshalb habe der Gesetzgeber bei Einführung des Rechtsinstituts des Verfahrenspflegers zum Ausdruck gebracht, dass die Bestellung nicht gesondert anfechtbar sei.

Die Frage könne aber im Rahmen dieser Entscheidung offen bleiben, da nach Auffassung des OLG ohne jeden Zweifel ein Fall der notwendigen Bestellung eines Verfahrenspflegers gegeben war. Mit der Entscheidung über einen Sorgerechtsentzug stehe auch die Frage des weiteren Verbleibs des Kindes zur Entscheidung an. Dies werde auch die Entscheidung darüber beinhalten, ob mit der künftigen Sorgerechtsregelung eine Trennung des Kindes von seiner Familie verbunden sei. Damit liege ein Regelfall i.S.v. § 50 Nr. 2 FGG vor. Unabhängig davon sei hier ein Widerstreit zwischen den Interessen des Kindes und den Eltern so nahe liegend, dass die Interessen des Kindes in diesem Verfahren von keinem Elternteil vertreten werden könnten. Nicht die Bestellung eines Verfahrenspflegers sei verfahrenswidrig, sondern ein Absehen hiervon hätte nach den verfassungsgerichtlichen Vorgaben über die Gewährleistung des Kindesinteressen im Verfahren einen Verfahrensverstoß dargestellt.

Auch die Beanstandungen der Kindesmutter gegen die Vorgehensweise der Verfahrenspflegerin griffen nach Auffassung des OLG nicht durch. Über Aufgaben und die Handlungsbefugnisse des Verfahrenspflegers beständen in Rechtsprechung und Reparatur erhebliche Meinungsverschiedenheiten (vgl. dazu ausführlich: Willutzki, KindPrax 2004, S. 83 ff.; Menne, FamRZ 2005, 1035 ff. m.w.N.).

Der Wortlaut des § 50 Abs. 1 FGG verweise lediglich auf die Wahrnehmung der Interessen des Kindes. Nach dem Verständnis des Gesetzgebers seien hierunter nicht nur dessen subjektive Interessen zu verstehen. Eine Beschränkung auf die Vertretung des Kindeswillens lasse sich auch den Entscheidungen des BVerfG nicht entnehmen.

Zu den Besonderheiten der Vertretung von Kindern gehöre es, dass der Verfahrenspfleger - bevor er den Willen des Kindes in das Verfahren einbringen könne - zunächst einmal in Erfahrung bringen müsse, was das Kind wolle. Dies erfordere viel Geschick und Einfühlungsvermögen sowie...

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