Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Wohngeldinkassoverfahren durch den Verwalter in fremdem oder in eigenem Namen (als Vertreter oder gewillkürter Prozessstandschafter); Parteiwechsel in II. Instanz
Normenkette
§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 263 ZPO
Kommentar
1. Leitet ein Verwalter ein Wohngeldverfahren in I. Instanz nur als Vertreter einiger antragstellender Miteigentümer ein, kann er nicht in II. Instanz im Rahmen der Einlegung der Erstbeschwerde "klarstellen, dass die Verwaltung in Verfahrensstandschaft tätig werde"; ein solcher Parteiwechsel kann in II. Instanz nicht einseitig bewirkt werden, d. h. ohne Zustimmung des/der Antragsgegner(s) und ohne ausdrückliche Sachdienlichkeitszulassung durch das Erstbeschwerdegericht (Landgericht). Im vorliegenden Fall sei es nicht ermessensfehlerhaft, wenn das LG einen solchen erstrebten Parteiwechsel im Rahmen der Zurückweisung einer Erstbeschwerde als nicht sachdienlich angesehen hat.
Einzelne Eigentümer sind nur dann befugt, den sämtlichen Wohnungseigentümern zustehenden Anspruch auf Zahlung von Wohngeld gerichtlich geltend zu machen, wenn sie dazu durch einen Wohnungseigentümerbeschluss ermächtigt worden sind (BGH, NJW 1990, 2386). Auch ein Verwalter ist nach h. R. M. im Rahmen einer ohne irgendeine Einschränkung erteilten Ermächtigung berechtigt, sowohl als Vertreter aller Wohnungseigentümer in deren Namen sowie auch als Prozessstandschafter in eigenem Namen für Rechnung der Wohnungseigentümer und zur Leistung an diese Wohngeldansprüche geltend zu machen (vgl. auch KG vom 10. 5. 1991, NJW-RR 91, 1363). Führt allerdings ein Verwalter in I. Instanz als Vertreter ein solches Verfahren, muss er auch als Vertreter aller Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners auftreten (vgl. den zweifelsfreien Wortlaut des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG). Damit kann also der Verwalter wählen, ob er ein Prozessrechtsverhältnis zwischen allen Eigentümern und dem Antragsgegner oder allein zwischen ihm und dem Antragsgegner begründen will.
2. Im vorliegenden Fall hat der Verwalter das Verfahren ausdrücklich nicht als Prozessstandschafter eingeleitet, sondern als Vertreter nur dort benannter 9 Wohnungseigentümer (der Antragsteller). Somit hat er also nur ein Verfahrensrechtsverhältnis zwischen den benannten Eigentümern als Antragstellern und dem Antragsgegner begründet. Dies hätte allerdings besonderer Klageermächtigung an die Antragsteller (nicht alle Eigentümer!) bedurft, da diese nur einen Teil der Wohnungseigentümergemeinschaft bildeten. Vorliegend fehlte diese Ermächtigung, sodass der Antrag - wie von den Vorinstanzen richtig entschieden - als unzulässig verworfen werden musste. Dem steht auch nicht die vorgenannte Senatsentscheidung des KG vom 10. 5. 1991 entgegen, in der ausgeführt wurde, dass der Verwalter auch dann als Verfahrensstandschafter auftreten könne, wenn er daneben in unzulässiger Weise nur einzelne Wohnungseigentümer vertrete (jedenfalls dann, wenn das Gericht nicht auf eine Klarstellung dringe).
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 31.03.1993, 24 W 3327/92)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Grundsätzlich ist dieser verfahrensrechtlichen Entscheidung zuzustimmen. Allerdings hätte das LG auch unter Berücksichtigung der Senatsentscheidung vom 10. 5. 1991 den Parteiwechsel in II. Instanz (d. h. die erst dort vorgenommene Auswechslung der Antragstellerseite) als sachdienlich bezeichnen können, vorwiegend aus prozessökonomischen Gründen, insbesondere im Interesse der Gesamtgemeinschaft als Gläubigerin solcher Wohngeldforderungen gegen Miteigentümer. Solche Parteiwechsel sind oft von antragstellerseits beauftragten Anwälten deshalb notwendig, um bei wechselnden Verfahrensvertretungen in einer Gemeinschaft standesrechtliche Interessenskonflikte zu vermeiden. Selbst fehlerhafte Antragstellung in I. Instanz hätte hier m. E. das LG über vorgenommenen Parteiwechsel als sachdienlich korrekturbestätigen können, zumal auch ein in Prozessstandschaft stehender Verwalter im wirtschaftlichen Interesse aller Eigentümer handelt, sogar handeln muss, sodass insoweit nicht von einem unzulässigen Parteiwechsel im Sinne des § 263 ZPO ausgegangen werden sollte.
Gerichte sollten über solche Formprobleme nicht säumige Schuldner gegen die Interessen der Gesamtgemeinschaft schützen, zumal mir nach wie vor ohnehin nicht einleuchtet, warum der Bundesgerichtshof (entgegen der im Gesellschaftsrecht anerkannten sog. actio pro socio) in solchen Wohngeldsäumnisverfahren die Klagebefugnis einzelner Eigentümer selbst bei Antragstellung mit Leistung an die Gemeinschaft ( §§ 432 bzw. 428 BGB) leugnet.