Leitsatz
Die Umrechnung von Rentenanrechten mit Hilfe der BarwertVO in dynamische Anrechte ist wegen der damit verbundenen Wertverzerrungen in der Vergangenheit häufig als verfassungswidrig kritisiert worden. Der BGH hat die damals geltende Fassung der BarwertVO mit seinem Beschluss vom 5.9.2001 (FamRZ 2001, 1695) nur noch bis zum Ende des Jahres 2001 für gültig erklärt und die BarwertVO mit Wirkung zum 1.1.2003 und zum 1.6.2006 novelliert. Die Umrechnungsfaktoren wurden erheblich heraufgesetzt, was zu einer Verminderung der Unterbewertung der umgerechneten Anrechte führte. Da sich jedoch gerade bei Ehen von langer Dauer und Scheidungen kurz vor dem Rentenfall oder nach dem Rentenfall die Wertabweichungen wegen der durchschnittlich höheren Anrechte besonders stark auswirken, wurden in der Praxis laufende Renten noch häufig in Abweichung von der BarwertVO individuell bewertet. In der nun vorliegenden Entscheidung hat sich der BGH zur Verfassungsmäßigkeit der BarwertVO bei laufenden Renten geäußert.
Sachverhalt
Die Parteien stritten noch um die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs. Sie hatten am 12.7.1968 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes wurde der Ehefrau am 28.4.2007 zugestellt. Die Ehe der Parteien wurde geschieden und im Verbundverfahren auch der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt. Während der Ehezeit hatten beide Eheleute Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung und weitere Anrechte in der betrieblichen Altersversorgung erworben.
Der Ehemann bezog seit dem 1.10.2004 Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es im Wege des Splittings von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der DRV Bund auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Berlin-Brandenburg Rentenanwartschaften i.H.v. 386,56 EUR bezogen auf den 31.3.2007 und umrechenbar auf Entgeltpunkte übertragen hat. Außerdem hat es im Wege des erweiterten Splittings vom Versicherungskonto des Ehemannes auf das Versicherungskonto der Ehefrau weitere 49,00 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit und umrechenbar in Entgeltpunkte auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Berlin-Brandenburg übertragen.
Die hiergegen von dem Ehemann eingelegte Beschwerde hat das KG zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die vom KG zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemannes, mit der er weiterhin eine Herabsetzung des durchgeführten Splittings auf monatlich 306,90 EUR begehrte.
Das Rechtsmittel hatte in der Sache überwiegend Erfolg und führte zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Entscheidung
Der BGH hat in seiner Entscheidung dargelegt, dass nach zweimaliger Erhöhung der Barwertfaktoren die BarwertVO auch für laufende Renten als verfassungsgemäß anzusehen und eine individuelle Barwertermittlung mit dem Gesetz nicht vereinbar sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die BarwertVO nicht mehr zeitlich begrenzt sei, weil eine Befristung nur im Hinblick auf das allgemein erwartete baldige Inkrafttreten der Strukturreform des Versorgungsausgleichs, welche die BarwertVO überflüssig mache, fallen gelassen worden sei.
Hinweis
Mit der Strukturreform des Versorgungsausgleichs, die zum 1.9.2009 in Kraft getreten ist, bedarf es der BarwertVO nicht mehr, da eine Bilanzierung von Anrechten nicht mehr vorgenommen wird.
Nur Verfahren, die vor dem 1.9.2009 anhängig geworden sind, müssen noch nach dem alten Recht behandelt werden, soweit nicht Sondertatbestände die Anwendung neuen Rechts ausdrücklich vorsehen.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 29.10.2008, XII ZB 69/08