Leitsatz
Die seit dem Jahre 1987 miteinander verheirateten Parteien wurden durch Urteil des erstinstanzlichen Gericht vom 14.07.2006 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverbundes wurde auch der Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat das erstinstanzliche Gericht aufseiten beider Parteien jeweils gesetzliche Rentenanwartschaften und Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, deren Versorgungsträger die Beteiligte zu 1) ist, in den Ausgleich einbezogen. Die Anrechte aus der Zusatzversorgung wurden von dem erstinstanzlichen Gericht gem. § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB i.V.m. der BarwertVO umgewertet, wobei es die Umrechnungsfaktoren aus Tabelle 1 der BarwertVO um 65 % erhöht hat.
Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 1) Beschwerde ein und rügte, die Umwertung der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung sei unrichtig, da nicht die seit 1.6.2006 geltende Neufassung der BarwertVO angewandt worden sei.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für begründet, da das AG die Anrechte beider Ehegatten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht richtig bewertet und infolge dessen zu hohe gesetzliche Rentenanwartschaften für die Ehefrau begründet habe.
Der Ausgangspunkt des AG sei allerdings richtig, wonach die von beiden Ehegatten während der Ehezeit bei der Beteiligten zu 1) erworbenen Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in ihrer Wertentwicklung nicht den als volldynamisch geltenden Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung entsprächen und deshalb gem. § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB in volldynamische Anrechte umzuwerten seien.
Seit der zum 1.1.2002 wirksam gewordenen Strukturreform würden Anrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Anwartschaftsstadium nicht mehr an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst, sondern seien statisch (BGH v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 m. Anm. Gutdeutsch = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474; seitdem ständige Rechtsprechung).
Die aktuelle Wertentwicklung von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung führe nicht dazu, dass die Wertsteigerung von Zusatzversorgungsanwartschaften als mit derjenigen von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung nahezu vergleichbar angesehen werden könne. Zwar sei der die Wertentwicklung von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung ausdrückende aktuelle Rentenwert seit Juli 2003 nicht mehr angepasst worden und solle nach dem Rentenversicherungsbericht 2005 auch bis 2009 nicht steigen. Dies rechtfertige jedoch derzeit nicht den Schluss, dass die in § 1587a Abs. 3 BGB genannten Maßstabsanrechte selbst inzwischen als statisch angesehen werden müssten und eine Umwertung anderer Anrechte damit obsolet geworden sei.
Das OLG teilte nicht die Auffassung des OLG Oldenburg, wonach die Umrechnungstabellen in der seit 1.6.2006 geltenden Neufassung der BarwertVO verfassungswidrig und daher nicht zur Umwertung heranzuziehen seien. Das OLG Oldenburg berufe sich insoweit zu Unrecht auf einen Beschluss des BVerfG vom 2.5.2006, mit der von dort lediglich die bis zum 31.12.2002 geltende Fassung der BarwertVO beanstandet worden sei. Es hat die bereits vom BGH vertretene Auffassung geteilt, dass die bis 2002 geltenden Umrechnungstabellen der BarwertVO wegen ihrer veralteten biometrischen Rechnungsgrundlagen zu unrealistisch niedrigen Werten und damit zu verfassungswidrigen Ergebnissen führten. Diesen Beanstandungen sei bereits durch die ÄnderungsVO vom 26.5.2003 weitgehend Rechnung getragen worden. Mit den seit 1.6.2006 geltenden Tabellenwerten habe der Gesetzgeber nunmehr auch der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt Rechnung getragen und einen verringerten Rechnungszinsfuß berücksichtigt. Die neueste Fassung der BarwertVO beruhe damit in jeder Hinsicht auf aktuellen Rechnungsgrundlagen und werde damit den vom BVerfG und vom BGH gestellten Anforderungen gerecht.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 25.09.2006, 10 UF 201/06