Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 675 BGB
Kommentar
1. Nur wenn der Verwalter bei der Durchführung eines Eigentümerbeschlusses schuldhaft seine Pflichten verletzt ( § 675 BGB, §§ 347, 343-345 HGB - vgl. BGH, NJW 96, 1216 - § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) und dadurch Wohnungseigentümer einen Schaden erleiden, kann ein Schadenersatzanspruch gegen den Verwalter wegen Verletzung des Verwaltervertrages gegeben sein (im vorliegenden Fall verneint).
Eigentümer hatten hier einstimmig beschlossen, dass "die gesamten nötigen Gebäudesanierungsmaßnahmen ... durchzuführen seien bei voraussichtlichem Auftrags-Gesamtsummenbetrag von ca. DM 130.000,- und Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage". Auftragsvergabe erfolgte nach Einheitspreisvertrag (nicht nach Pauschalpreisvertrag). Nach Erledigung der Sanierungsarbeiten von etwa 2/3 waren bereits zu diesem Zeitpunkt Kosten in Höhe von ca. DM 160.000,- entstanden; für die Restsanierungsarbeiten wurden noch weitere Kosten auf ca. DM 70.000,- veranschlagt.
Die Antragsteller vertraten im Prozess gegen den Verwalter die Auffassung, dass die gesamte Sanierung zum Preis von DM 130.000,- möglich gewesen wäre und es die Verwaltung pflichtwidrig unterlassen habe, den Auftrag zu einem Pauschalfestpreis von DM 130.000,- zu vergeben, so dass sie verpflichtet sei, der Gemeinschaft den Schaden in Höhe von mindestens DM 70.000,- nebst Zinsen zu ersetzen.
In allen drei Instanzen wurden die gestellten Anträge als unbegründet zurückgewiesen.
2. Beschließen die Eigentümer eine Gebäudesanierung, die eine bestimmte Summe nicht überschreiten soll und soll mit dem Auftragnehmer allein eine Pauschalfestpreisvereinbarung getroffen werden, muss dies im Eigentümerbeschluss klargestellt sein; ohne eine solche Klarstellung ist in einem solchen Fall der Verwalter nicht gehindert, eine andere Preisvereinbarung zu treffen. Eine Pauschalfestpreisvereinbarung ist im Übrigen im Rahmen der Bau-Leistungsverträge die Ausnahme (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB/A u. B, 13. Auflage A § 5 Rn. 12).
Vorliegend wurde ein solcher Beschluss nicht gefasst. Unabhängig von der Frage, ob bei Betonsanierungen eine Pauschalfestpreisvereinbarung zum damaligen Zeitpunkt in der Praxis überhaupt durchsetzbar war, bestand für den Verwalter weder die Verpflichtung, die Eigentümer über die Risiken der eingeholten Angebote aufzuklären, noch sie darüber zu beraten, welche Preisvereinbarung getroffen werden solle. Allein aus der Stellung der Antragsgegnerin als Verwaltung ergab sich eine solche Verpflichtung nicht. Die Antragsteller haben im vorliegenden Fall auch nicht schlüssig dargetan, ob die beauftragte Firma überhaupt zum Abschluss eines Pauschalfestpreises bereit gewesen wäre bzw. ob eine andere Firma eine solche Ausnahme-Preisvereinbarung akzeptiert hätte und dies auf der Grundlage von DM 130.000,-. Auch der Umstand, dass die beauftragte Firma letztlich nur bereit war, für den Betrag von DM 230.000,- die Gesamtsanierung durchzuführen, ergibt für Antragsteller die Notwendigkeit, substantiiert darzulegen, weshalb ihrer Auffassung nach bei einer Gesamtsanierung nur DM 130.000,- als Kosten entstanden wären.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert der III. Instanz von DM 70.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 09.05.1997, 2Z BR 18/97).
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Wird im Zuge einer Sanierungsbeschlussfassung ein bestimmtes Kostenlimit - wenn auch als "voraussichtlich" und/oder "ca." festgelegt -, sollte allerdings meines Erachtens ein Verwalter über eine sich abzeichnende erhebliche und meist auch notwendige Kostenüberschreitung, die sich im Zuge einer Sanierungsdurchführung (leider oft erst sehr spät) herausstellt, grundsätzlich nochmals die Eigentümer informieren und ggf. ergänzende Beschlussfassung (insbesondere auch über die Finanzierung solcher Mehrkosten gegenüber ursprünglicher Annahme) der Gemeinschaft herbeiführen. Dies erachte ich selbst dann für notwendig, wenn Eigentümern an sich gar keine andere Wahl verbliebe, bei ordnungsgemäßer Sanierung auch diese unerwarteten Mehrkosten tragen (und damit auch beschließen) zu müssen. Eigenmächtig weitere Aufträge zu vergeben (hier: letztlich von gesamt DM 240.000,- bei ursprünglich beschlossener Sanierung mit kalkulierten Kosten von voraussichtlich ca. DM 130.000,-), erscheint mir doch verwalterseits nicht unbedenklich, zumindest "sehr riskant und mutig".
Selbst bei anzunehmender schuldhafter Verwalter-Pflichtverletzung (versäumte Beschlussfassung aufgrund geänderter Geschäftsgrundlage gegenüber ursprünglicher Beschlussmeinung) ist allerdings noch lange nicht von einem Schaden der Gemeinschaft auszugehen, wenn hier eine Sanierung zu weit höheren Kosten als ursprünglich veranschlagt durchgeführt wurde, die technisch und wirtschaftlich notwendig war und zu entsprechender Wertverbesserung des Gemeinschaftseigentums führte.
Der Fall beweist erneut, dass im Zuge anstehender Sanierungsmaßnahmen Kostenlimitierungen nich...