Leitsatz
Unterläuft dem Sachverständigen bei Schätzung seiner Kosten eine erhebliche Fehlkalkulation oder verletzt er seine Pflicht zur Beobachtung der voraussichtlich entstehenden Kosten, kann sein Honorar entsprechend gekürzt werden.
Sachverhalt
Mit der Auftragserteilung durch das Gericht ist die Sachverständige auf § 407a Abs. 3 ZPO und den geleisteten Vorschuss von 1000 EUR hingewiesen worden. Sie hat den Auftrag bestätigt und um eine Erhöhung des Vorschusses um weitere 2500 EUR gebeten, weil sie für Durchführung von Messungen, Baustoffproben ein Labor mit entsprechendem Geräteeinsatz hinzuziehen müsse. Im weiteren Verlauf hat das Gericht den Antragsgegnern wegen derer Ergänzungsfragen die Zahlung von 300 EUR auferlegt. Nach Abschluss der Begutachtung hat die Sachverständige eine Vergütung von insgesamt 6051,12 EUR beansprucht (2752,68 EUR für die eigene Tätigkeit, 3298,44 EUR für Leistungen des Labors).
Das LG hat die Vergütung auf lediglich 3500 EUR festgesetzt. Die Beschwerde der Sachverständigen vor dem OLG hatte nur einen Teilerfolg. Die zustehende Gesamtvergütung wurde erhöht auf 4750 EUR (3800 EUR zzgl. 25 %). Die Sachverständige habe objektiv ihre Anzeigepflicht verletzt, denn es könne nicht zweifelhaft sein, dass die geforderte Gesamtvergütung von mehr als 6000 EUR, den gesteckten Kostenrahmen erheblich übersteige. Der Hinweis der Sachverständigen bei der Auftragserteilung konnte nur so verstanden werden, dass der von ihr auf 3500 EUR geschätzte Kostenaufwand ihre Leistungen und die Kosten für das Labor insgesamt abdecken würde. Entweder verfuhr die Sachverständige bei dieser Schätzung nicht sachgemäß oder sie verletzte die ihr obliegende Kostenbeobachtungspflicht.
Denn sie war insbesondere bei der Inanspruchnahme der Leistungen einer Drittfirma verpflichtet, im Verlauf der Begutachtung auftretende kostenträchtige Umstände anzuzeigen und eine weitere Vorschussanforderung zu veranlassen. Sie hat nicht aufgezeigt, dass die Kostensteigerung unvorhersehbar gewesen sei.
Eine erhebliche Kostenüberschreitung liegt bei 20–25 %. Unterhalb dieser Schwelle liegt keine relevante Anzeigepflicht vor, sodass eine Kürzung erst oberhalb dieser Grenze in Betracht kommt. Die Sachverständige durfte hier davon ausgehen, dass ein Vorschuss von insgesamt 3800 EUR zur Verfügung stand (1000 EUR ursprünglich vom Gericht angefordert, 2500 EUR aufgrund des Hinweises der Sachverständigen und 300 EUR Nachforderung wegen der Ergänzungsfragen der Antragsgegnerin). Die sprach ihr das Gericht letztlich zu.
Hinweis
Beide Parteien sollten den Sachverständigen schon bei Beauftragung seitens des Gerichtes zur möglichst kostengünstigsten Lösung auffordern. Eine "kurze gutachterliche Stellungnahme" soll nur Teile eines vollständigen Gutachtens beinhalten. Bei einem begrenzten Gutachtenauftrag und einem geringfügigen Schaden beschränkt sich der gutachterliche Prüfungs- und Dokumentationsaufwand auf ein möglichst geringes Maß.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss v. 8.12.2009, 14 W 769/09.