Leitsatz
Für die "Rückgabe" der Mietsache reicht es nicht aus, wenn der Mieter dem Vermieter den Schlüssel in den Briefkasten schmeißt. Durch diese Handlung beginnt jedenfalls nicht die Verjährung nach § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB zu laufen.
Fakten:
Der Mieter war 30 Jahre lang Mieter einer Wohnung in einem auch von der Vermieterin selbst bewohnten Zweifamilienhaus. Nach Differenzen mit der Vermieterin hatte der Mieter die Mietwohnung geräumt und an der Haustür der Vermieterin die Rückgabe der Schlüssel angeboten. Die Vermieterin hatte die Entgegennahme der Schlüssel verweigert, der Mieter hatte sie anschließend in seinen Briefasten geworfen und das Mietverhältnis wegen "Vertrauensverlustes" fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die Abnahme der Wohnung erfolgte daraufhin nach Absprache beider Parteien zu einem späteren Zeitpunkt. Die Vermieterin verlangt nun Schadensersatz wegen Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache. Der Mieter wendet dagegen Verjährung ein.
Der BGH gibt der Vermieterin Recht: Die Schadensersatzansprüche sind im vorliegenden Fall nicht verjährt. Nach § 548 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB beginnt die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem er die Sache zurückerhält. Die Rückgabe setzt nach der Rechtsprechung des BGH eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil er erst durch die unmittelbare Sachherrnschaf in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen. Die Vermieterin hat die Wohnung in diesem Fall nicht bereits dadurch zurück erhalten, dass der Mieter versucht hatte, ihr die Wohnungsschlüssel zu übergeben. Auch dadurch, dass der Mieter die Schlüssel für die bereits geräumte Wohnung nach der gescheiterten Übergabe in den Briefasten seiner bisherigen Wohnung geworfen hat, hat die Vermieterin nicht die Sachherrnschaf über die Wohnung erhalten. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit - sozusagen "auf Zuruf" - zurückzunehmen. Die Vermieterin ist deshalb durch ihre Weigerung, die Schlüssel sofort "an der Haustür" entgegenzunehmen, als sie ihr von dem offenbar kurzfristig ausgezogenen Beklagten angeboten wurden, nicht in Annahmeverzug geraten. Der Vermieterin ist es auch nicht mit Rücksicht auf Treu und Glauben verwehrt, sich auf die noch nicht eingetretene Verjährung zu berufen, denn die Parteien haben im Anschluss an die vom Mieter kurz nach der gescheiterten Schlüsselübergabe ausgesprochenen Kündigung einvernehmlich einen "offiziellen" Übergabetermin vereinbart und in der Folgezeit auch eingehalten.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 12.10.2011, VIII ZR 8/11BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 8/11
Fazit:
Der BGH stellt nochmals klar, dass die Beendigung des Mietverhältnisses nicht Voraussetzung für den Beginn der kurzen Verjährung ist. Er verneint hier einen Annahmeverzug des Vermieters, da der Vermieter nicht verpflichtet ist, die Rücknahme der Mietsache "auf Zuruf" des Mieters zu vollziehen. Zu den beiderseitigen Pflichten bezüglich der Rückgabevereinbarung hat der BGH hier nichts ausgeführt.