Leitsatz

a) Die Verjährung von Ansprüchen auf Mietzins (§ 535 Abs. 2 BGB) und Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB (hier im Fall der Untermiete) wird durch eine – zulässige – Streitverkündung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB auch dann gehemmt, wenn sie sich auf ein zu besorgendes Gewährleistungsrecht des Streitverkündungsempfängers bezieht (§ 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO).

b) Eine Streitverkündung ist zulässig, wenn der Streitverkünder zu der Annahme berechtigt ist, dass durch die im Vorprozess zu treffenden Feststellungen ein Folgeprozess ganz oder teilweise entbehrlich werden könnte.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 204, 535 Abs. 2, 546a; ZPO § 72 Abs. 1

 

Kommentar

Zwischen dem Eigentümer (Hauptvermieter) und dem Mieter bestand ein Mietverhältnis über Lagerräume. Der Mieter hat diese Räume an einen Untermieter zur Nutzung als Büroräume weitervermietet. Dieser hat den Untermietzins wegen eines Mangels gemindert. Der Mieter hat seinerseits den Hauptmietzins gegenüber dem Eigentümer in derselben Höhe gekürzt. Mit Schreiben vom 3.2.1999 hat der Mieter das Untermietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt. Der Untermieter hat die Räume aber zunächst nicht herausgegeben und weiterhin ein gemindertes Entgelt bezahlt.

Der Eigentümer hat den Mieter auf Zahlung der restlichen Mieten für 1999 in Anspruch genommen. In diesem Verfahren hat der Mieter dem Untermieter den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Mieters beigetreten.

In der Folgezeit wurde der Mieter zur Zahlung der Restmiete verurteilt. Der Mieter hat nunmehr den Untermieter auf Zahlung der geminderten Beträge (Mietzins gem. § 535 Abs. 2 BGB bis 3.2.1999; Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB für die Zeit danach) verklagt. Den Gerichtskostenvorschuss hat der Mieter erst im Dezember 2004 eingezahlt. Der Untermieter hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB in Verbindung mit §§ 197, 201 BGB a. F. begann die Verjährung Ende 1999; sie endete mit dem Ablauf des Jahres 2003. Bei dieser Sachlage war zu prüfen, ob die Verjährung gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 und 2 EGBGB gehemmt worden ist. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB n. F. wird die Verjährung u. a. durch die Zustellung der Streitverkündung gehemmt. Die Zulässigkeit der Streitverkündung richtet sich nach § 72 Abs. 1 ZPO. Danach kann eine Partei einem Dritten den Streit verkünden, wenn sie "für den Fall des ihr ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt".

In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass es nach der Neufassung der Verjährungsvorschriften für den Eintritt der Hemmung nicht darauf ankommt, ob die Streitverkündung zulässig ist (Althammer/Würdinger, NJW 2008, 2620). Diese Ansicht teilt der BGH nicht. Er hält an seiner zum früheren Recht vertretenen Auffassung fest (BGH, Urteil v. 18.12.1961, III ZR 181/60, NJW 1962, 387). Danach ist erforderlich, dass die Streitverkündung zulässig ist; insbesondere muss ein Streitverkündungsgrund vorliegen. Dies ist nicht im Vorprozess, sondern im Folgeprozess zu prüfen.

In dem Rechtsstreit zwischen dem Eigentümer und dem Mieter auf Zahlung der restlichen Miete (Vorprozess) kam es maßgeblich darauf an, ob der Mietzins wegen eines Mangels gemindert war. Durch die Streitverkündung wollte der Mieter für den Folgeprozess gegen den Untermieter verhindern, dass dieser seinerseits Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels geltend macht (§§ 68, 74 ZPO). Die Fälle der Abwehr möglicher Gegenrechte fallen unter § 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO. Danach ist eine Streitverkündung möglich, wenn die Partei einen "Anspruch eines Dritten besorgt". Stellt man auf den Wortlaut der Regelung ab, so ist die Vorschrift nicht anwendbar, weil die Minderungsbefugnis nicht als "Anspruch" i. S. v. § 194 Abs. 1 BGB, sondern als eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge bei mangelhafter Mietsache ausgestaltet ist. Der BGH vertritt hierzu die Meinung, dass § 72 BGB nach seinem Zweck "weit auszulegen und auch auf die Mietzinsminderung anzuwenden" ist. Dies gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis bereits beendet ist.

Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, dass die Verjährung hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung der Miete oder der Nutzungsentschädigung nicht gehemmt wird, wenn sich die Streitverkündung selbst lediglich auf das Gewährleistungsrecht bezieht. In einem solchen Fall würde lediglich die Verjährung der Gewährleistungsrechte gehemmt. Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Die Regelung des § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB "erfasst die Streitverkündung im Allgemeinen und somit sämtliche Streitverkündungsgründe".

Anmerkung

Der zu entscheidende Fall hatte die Besonderheit, dass die Leistungspflicht des Eigentümers und jene des Mieters nicht identisch waren. Nach dem Mietvertrag zwischen dem Eigentümer und dem Mieter mussten die Räume zu Lagerzwecken geeignet sein. Der Mieter schuldete dagegen Büroräum...

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