Leitsatz
Hat ein Rechtsanwalt, der von dem Mandanten eines regresspflichtigen Steuerberaters – nicht wegen der Regressfrage – beauftragt worden ist, auf Grund einer nebenvertraglichen Warn- oder Hinweispflicht auf den möglichen Regress gegen den Steuerberater aufmerksam zu machen, lässt dies die Sekundärhinweispflicht des Steuerberaters nicht entfallen. Belehrt der nicht wegen der Regressfrage beauftragte Rechtsanwalt den Mandanten darüber, es komme ein Regressanspruch gegen den zuvor beauftragten Steuerberater in Betracht, nicht aber über die kurze Verjährungsfrist, besteht insoweit die Sekundärhinweispflicht des Steuerberaters fort.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners, der eine Leiharbeitsfirma betrieben hatte. Der Beklagte war dessen Steuerberater. Ein Mitarbeiter des Beklagten hatte den Schuldner Anfang der 90er Jahre dahin beraten, er könne die auf die Auslösung für seine Arbeitskräfte entfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer behandeln. Dies erkannte das Finanzamt nicht an, sondern setzte Umsatzsteuernachforderungen für 1991 bis 1994 fest. Der Schuldner klagte gegen die Festsetzungsbescheide vom 27.1.1997, wobei er durch die Streithelferin des Klägers, eine Rechtsanwältin, vertreten wurde, nahm die Klage dann jedoch zurück. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz des Steuerschadens für das Jahr 1991 in Höhe von 32751,24 EUR nebst Zinsen in Anspruch. LG und OLG haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Revision führte jetzt zur Zurückverweisung.
Entscheidung
Hat der Steuerberater vor Ablauf der Verjährung eines ihn betreffenden primären Schadensersatzanspruchs begründeten Anlass zu prüfen, ob er seinen Auftraggeber durch einen Fehler geschädigt hat, und muss er dabei eine durch seinen Fehler eingetretene Schädigung erkennen, ist er verpflichtet, auf die Möglichkeit der eigenen Haftung sowie auf die – hier nach § 68 StBerG a.F. geltende – kurze dreijährige Verjährungsfrist hinzuweisen. Diese Sekundärpflicht ist verletzt, wenn der Steuerberater den gebotenen Hinweis vor Eintritt der Primärverjährung nicht erteilt hat. Versäumt der Steuerberater dies schuldhaft, steht dem Geschädigten ein Sekundäranspruch zu. Er muss so gestellt werden, als wäre der primäre Schadensersatzanspruch nicht verjährt.
Die sekundäre Hinweispflicht entfällt dann, wenn der Mandant wegen der Haftungsfrage rechtzeitig einen Rechtsanwalt beauftragt hat. Darauf, ob der regresspflichtige Steuerberater davon etwas weiß oder wissen muss, kommt es nicht an. Diese Folge tritt indes nur ein, wenn die Einschaltung des Anwalts gerade zu dem Zweck erfolgt ist, einen möglichen Regress zu prüfen. Einen solchen Auftrag hatte die eingeschaltete Anwältin nicht. Zwar kann einen Rechtsanwalt auch bei einem derart eingeschränkten Mandat die nebenvertragliche Warn- oder Hinweispflicht treffen, auf den möglichen Regress gegen den Steuerberater und die kurze Verjährung des Anspruchs aufmerksam zu machen. Voraussetzung hierfür ist nur, dass die Gefahr der Verjährung ihm bekannt oder offenkundig, dem Auftraggeber jedoch möglicherweise unbekannt ist. Diese Hinweispflicht des Rechtsanwalts lässt die Sekundärhinweispflicht des regresspflichtigen Steuerberaters aber nicht entfallen. Ist der Rechtsanwalt nicht wegen der Regressfrage beauftragt worden, kann sich der Regressschuldner gerade nicht darauf verlassen, dass jener die Gefahr erkennen wird.
Entfiele die sekundäre Hinweispflicht des Regressschuldners schon durch Einschaltung eines eingeschränkt mandatierten Anwalts, würde die Rechtsposition des früheren Mandanten erheblich verschlechtert. Denn der Mandant müsste gegenüber dem Rechtsanwalt beweisen, dass diesem die Verjährungsgefahr bekannt oder für ihn offensichtlich gewesen ist. Gegenüber dem primären Regressschuldner obläge ihm diese Beweisführungslast aber nicht. Eine derartige Verschlechterung der Rechtsposition des Geschädigten ist nicht zu rechtfertigen, solange dieser den Rechtsanwalt nicht gerade wegen der Regressfrage eingeschaltet hat.
Das OLG muss jetzt Feststellungen zur Schadenshöhe treffen.
Praxishinweis
Nach dem seit dem 1.1.2002 geltenden Recht verjähren Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden einheitlich spätestens zehn Jahre nach ihrer Entstehung, also beginnend mit dem Schadenseintritt, bzw. 30 Jahre nach der Pflichtverletzung, also ab dem Zeitpunkt der Vornahme der schadensauslösenden Handlung. Für den Verjährungsbeginn genügt schon das Setzen der Schadensursache; ein konkreter Schaden ist zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 13.4.2006, IX ZR 208/02