Leitsatz
Ersatzansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache verjähren auch dann in der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB, wenn die Mietvertragsparteien in einem vorangegangenen Räumungsprozess einen Vergleich geschlossen haben, in dem sich der Mieter verpflichtet hat, von ihm genutzte Teilflächen des Grundstücks zu räumen, die nicht Gegenstand des Mietverhältnisses waren.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 548 Abs. 1
Kommentar
Zwischen den Parteien bestand ein Mietvertrag über ein Grundstück, um Baumaterial zu lagern. Die Mieterin hat die Materialien nicht nur auf der gemieteten Fläche, sondern auch auf einem angrenzenden – der Vermieterin gehörenden – Grundstücksteil gelagert. Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat die Vermieterin Räumungsklage erhoben. In diesem Verfahren schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Mieterin zur Räumung der gemieteten und der weiteren in Anspruch genommenen Fläche verpflichtete. Im Januar oder Februar 2006 hat die Mieterin das Grundstück geräumt und an die Vermieterin zurückgegeben. Jedoch wurden die gelagerten Materialien nicht vollständig beseitigt, zum Teil auch in das vorhandene Erdreich einplaniert. Wegen der Schlechterfüllung der Räumungspflicht hat die Vermieterin im März 2007 Klage auf Feststellung erhoben, dass die Mieterin zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der BGH hatte zu entscheiden, ob eventuelle Schadensersatzansprüche verjährt sind.
Dies wird vom BGH bejaht: Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in 6 Monaten nach der Rückgabe (§ 548 Abs. 1 BGB). Hierzu zählen auch Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung der Rückgabepflicht. Durch die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht wird die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Voraussetzung ist, dass die Klage dem Mieter vor Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt wird. Hier hat die Vermieterin das Grundstück spätestens im Februar 2006 zurückerhalten. Die Verjährung ist damit spätestens im August 2006 eingetreten. Die Feststellungklage wurde erst im März 2007 – also nach diesem Zeitpunkt – erhoben.
Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, dass hinsichtlich der Verjährung zu unterscheiden sei. Soweit der Schaden auf dem vermieteten Grundstück eingetreten ist, gelte die kurze sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB. Für Ansprüche wegen der Beschädigung der nicht vermieteten Fläche sei demgegenüber die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB maßgeblich. Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Nimmt der Mieter eines Grundstücks unberechtigt eine dem Vermieter gehörende angrenzende Grundstücksfläche zur Ablagerung von Baumaterial in Anspruch, folgt die Räumungspflicht unmittelbar aus der mietrechtlichen Rückgabeverpflichtung (§ 546 BGB). Wird die Grundstücksfläche infolge der Inanspruchnahme durch den Mieter beschädigt, so finden die Schadensersatzansprüche des Vermieters ihre rechtliche Grundlage ebenfalls in dem ursprünglichen Mietverhältnis. Deshalb verjähren auch diese Ansprüche in der kurzen Frist des § 548 BGB.
Dieselbe Verjährungsfrist gilt für eventuelle Ersatzansprüche des Vermieters aus deliktischem Handeln (BGH, Urteil v. 23.5.2006, VI ZR 259/04, NJW 2006 S. 2399 Rz. 14).
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 23.6.2010, XII ZR 52/08, NJW 2010 S. 2652