Leitsatz

Die erstmalige Erhebung der Einrede der Verjährung im Laufe des Rechtsstreits stellt auch dann ein erledigendes Ereignis dar, wenn die Verjährung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 548; ZPO § 91

 

Kommentar

Eine Vermieterin hat den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auf Zahlung einer Forderung in Anspruch genommen, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt war. Im Prozess hat der Mieter die Einrede der Verjährung erhoben. Daraufhin hat die Vermieterin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Erledigung der Hauptsache durch Urteil festzustellen. Der Mieter hat Klagabweisung beantragt.

Von der Entscheidung über die wechselseitigen Anträge hängt es ab, wer von den Parteien die Verfahrenskosten zu tragen hat. Hierzu wurden bisher unterschiedliche Ansichten vertreten:

1. Nach überwiegender Auffassung stellt die Erhebung der Verjährungseinrede ein erledigendes Ereignis dar. War die Klage bis zur Erhebung der Einrede zulässig und begründet, so ist auf Antrag der klagenden Partei die Erledigung der Hauptsache festzustellen; die Kosten des Verfahrens sind der beklagten Partei aufzuerlegen (so z. B. OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 8.2.2002, 6 W 9/02, MDR 2002 S. 778).

Anmerkung

Ausnahme

Eine Ausnahme kann gelten, wenn der Kläger einen bereits verjährten Anspruch geltend macht, ohne dass der Beklagte vorgerichtlich zu der Verjährungsfrage Stellung nehmen konnte.

2. Nach der Gegenmeinung wirkt die Erhebung der Verjährungseinrede auf den Zeitpunkt des Verjährungseintritts zurück. Wird ein verjährter Anspruch geltend gemacht, ist die Klage als unbegründet zu behandeln. Der Antrag des Klägers auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache ist abzuweisen; die Kosten sind dem Kläger aufzuerlegen (so z. B. OLG Schleswig, Urteil v. 3.9.1985, 6 U 32/85, NJW-RR 1986 S. 38).

Der BGH folgt der erstgenannten Ansicht. Er hat bereits in früherer Zeit zu dem vergleichbaren Problem der Aufrechnung entschieden, dass es für das erledigende Ereignis nicht auf die Aufrechnungslage, sondern auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung ankommt (BGH, Urteil v. 17.7.2003, IX ZR 268/02, NJW 2003 S. 3134). Dies beruht auf der Erwägung, dass der Kläger an der Durchsetzung eines Anspruchs weder durch den Eintritt der Verjährung noch durch das Bestehen einer Aufrechnungslage gehindert ist. Nach der Konzeption des Gesetzes kommt es in beiden Fällen nur darauf an, ob der Beklagte die Verjährungseinrede erhebt oder von der Möglichkeit der Aufrechnung Gebrauch macht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 27.1.2010, VIII ZR 58/09, NJW 2010 S. 2422

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