Leitsatz
Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen, die er während des Mietverhältnisses in der irrigen Annahme einer entsprechenden Verpflichtung ausgeführt hat, verjähren nach § 548 Abs. 2 BGB binnen 6 Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 548 Abs. 2
Kommentar
Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 1.11.2000 bis zum 31.12.2006 ein Mietverhältnis über eine Wohnung. Der Mietvertrag enthielt u.a. eine Renovierungsklausel mit einem sog. "starren" Fristenplan. Solche Klauseln sind nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam mit der Folge, dass der Mieter keine Schönheitsreparaturen ausführen muss (grundlegend: BGH, Urteil v. 23.6.2004, VIII ZR 361/03, NJW 2004 S. 2586). In Unkenntnis dieser Rechtsprechung hat der Mieter gleichwohl vor der Rückgabe Schönheitsreparaturen ausgeführt, wofür ihm Kosten in Höhe von 2.687 EUR entstanden sind. Der BGH hat entschieden, dass dem Mieter in einem solchen Fall gegen den Vermieter ein Bereicherungsanspruch zusteht (BGH, Urteil v. 27.5.2009, VIII ZR 302/07, NJW 2009 S. 2590). Von dieser Entscheidung hat der Mieter Ende 2009 erfahren. Er hat am 22.12.2009 Klage auf Zahlung von 2.687 EUR eingereicht, die dem Vermieter am 4.1.2010 zugestellt wurde. Der Vermieter hat die Verjährungseinrede erhoben.
In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob für den Bereicherungsanspruch des Mieters wegen rechtsgrundlos ausgeführter Schönheitsreparaturen die allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren (§§ 195 ff. BGB) gilt (so Blank, NZM 2010, S. 97, 102; WuM 2010 S. 234 f; Eisenschmid, WuM 2010, S. 459, 469; Jakoby, ZMR 2010, S. 335; Wiek, WuM 2010, S. 535 f.) oder ob auf diese Ansprüche die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB anzuwenden ist (so LG Kassel, Urteil v. 7.10.2010, 1 S 67/10, WuM 2010 S. 681; AG Chemnitz, Urteil v. 11.3.2010, 16 C 2997/09, ZMR 2010 S. 859; AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 16.4.2010, 17b C 206/09, NZM 2010 S. 785; Streyl, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 548 BGB Rdn. 49; Emmerich, in Staudinger (2011), § 548 Rdn. 10; Gsell, NZM 2010, S. 71, 76; Kinne, GE 2009, S. 358, 390; Klimke/Lehmann-Richter, WuM 2006, S. 653, 655; Lehmann-Richter, WuM 2009, S. 1023, 1028; Paschke, WuM 2010, S. 30, 34; Roth, NZM 2011, S. 62, 64).
Der BGH folgt der letztgenannten Ansicht. Er begründet dies mit dem Wortlaut und dem Zweck des § 548 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift verjähren die "Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen" in 6 Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses. Nach Ansicht des BGH zählen zu den Aufwendungen in diesem Sinne alle Maßnahmen, "die das Grundstück in seinem Bestand verbessern". Dazu gehören auch die Schönheitsreparaturen. Die Zuordnung der Bereicherungsansprüche bei rechtsgrundloser Renovierung zu den Aufwendungen sei darüber hinaus aufgrund des Gesetzeszwecks geboten. Durch die kurze Verjährungsfrist soll zum einen alsbald nach Beendigung des Mietverhältnisses Klarheit über bestehende Ansprüche geschaffen werden. Zum anderen diene die Vorschrift "auch dem Zweck, das laufende Mietverhältnis nicht unnötig mit Auseinandersetzungen zu belasten". Ergänzend führt der BGH aus, dass die kurze Verjährungsfrist auch für einen eventuellen Schadensersatzanspruch aus der schuldhaften Verwendung einer unwirksamen Renovierungsklausel (§§ 280 Abs. 1, 241Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) gilt.
Im Entscheidungsfall begann die Verjährung mit dem Ablauf des Monats Dezember 2006; sie endete mit dem Ablauf des Monats Juni 2007. Die Klage wurde erst lange nach diesem Zeitpunkt erhoben. Der Anspruch war damit verjährt. Der Umstand, dass die Folgen der rechtsgrundlosen Renovierung erst im Mai 2009 höchstrichterlich geklärt wurden, spielt hierbei keine Rolle, weil es im Rahmen des § 548 Abs. 2 BGB nicht auf die Kenntnis des Gläubigers, sondern allein auf die Beendigung des Mietverhältnisses ankommt.
Ersatz auch älterer Renovierungskosten möglich
Die Entscheidung des BGH hat zur weiteren Folge, dass die Verjährungsfrist erst mit dem rechtlichen Ende des Mietverhältnisses beginnt. Deshalb kann der Mieter auch für solche Renovierungsmaßnahmen Ersatz verlangen, die sehr weit zurückliegen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 4.5.2011, VIII ZR 195/10, NJW 2011 S. 1866