1 Leitsatz
Lässt man ein Wasseraufbereitungsgerät entsprechend einer vom Hersteller empfohlenen Anschlussvariante von einem Fachbetrieb installieren, verletzt man nicht seine Verkehrssicherungspflichten.
2 Normenkette
§ 823 Abs. 1 BGB
3 Das Problem
Vom 23. bis zum 28.12.2015 entweicht in den Räumlichkeiten des B (ein Internist) Wasser aus einem Zuleitungsschlauch zu einem Wasseraufbereitungsgerät. Dieses Gerät hatte B um das Jahr 2000 von einem Sanitärinstallationsfachbetrieb einbauen lassen (es dient angeblich der Reinigung des Trinkwassers aus öffentlichen Leitungsnetzen, indem es Schadstoffe entfernt, die Wasserqualität kontinuierlich überprüft und eine Wasserreinigung "nach dem Vorbild der Natur" vornimmt). Das Wasser dringt in den 5 Tagen durch eine Öffnung im Boden in die Räume des V und richtet dort Schäden an den Decken, den Böden sowie dem Mobiliar an. Aufgrund der Sanierungsarbeiten können die Räume des V bis zum 11. April 2016 nicht genutzt werden.
Da B nicht bereit ist, die Schäden i. H. v. rund 180.000 EUR zu ersetzen, wird er vom Versicherer K des V verklagt. K behauptet, der in das Wasseraufbereitungsgerät eingebaute Schlauch sei porös geworden und geborsten. Da dies 17 Jahre nach dem Einbau erfolgt sei, handele es sich nicht um einen Materialfehler, sondern um einen altersbedingten Verschleiß bzw. eine Materialermüdung, mit der B habe rechnen müssen. B hätte einen Aquastopp bzw. einen Leckwassermelder einbauen lassen müssen, dann wäre allenfalls eine geringe Wassermenge ausgetreten. Des Weiteren habe B es versäumt, den Schlauch in regelmäßigen Abständen fachmännisch kontrollieren zu lassen. B habe mithin gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen.
4 Die Entscheidung
Das sieht das Gericht anders! K könne seinen Anspruch nicht auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB stützen. Denn diese Regelung sei im Verhältnis unter Mietern schon nicht anwendbar. In Ermangelung einer vertraglichen Beziehung des V zum B komme für eine Haftung auf Schadensersatz daher allein ein verschuldensabhängiger Anspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB in Betracht. Ein solcher sei aber auch zu verneinen. B sei keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen. Denn B habe das Wasseraufbereitungsgerät entsprechend einer vom Hersteller empfohlenen Anschlussvariante von einem Fachbetrieb installieren lassen. Eine regelmäßige Wartung sei nach dem Benutzerhandbuch nicht vorgesehen gewesen. Entsprechendes gelte für den Schlauch, aus dem das Wasser ausgetreten sei. Ein Schlauchteil sei nicht "per se" regelmäßig zu kontrollieren, weil es – wie nahezu jedes Bauteil – verschleiße.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall handelt es sich um 2 Mieter. Wir stellen diesen Fall dar, weil es sich auch um die Mieter von Sondereigentum handeln könnte. Ferner könnte es sich um 2 Wohnungseigentümer handeln, bei denen nichts anderes gelten würde. Es stellt sich nämlich jeweils die Frage, welche Sorgfaltspflicht auf das Wasseraufbereitungsgerät zu richten ist. Insoweit kommen vor allem die sog. Verkehrssicherungspflichten in Betracht.
Verkehrssicherungspflichten
Grundsätzlich ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Diese Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre unrealistisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr deshalb nur und erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Aber auch dann reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.
Sicherungsmaßnahmen sind umso eher zumutbar, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung sind. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält.
Wohnungseigentumsrecht
Für die Verkehrssicherungspflichten im Wohnungseigentumsrecht ist zwischen dem Sondereigentum und dem gemeinschaftlichen Eigentum zu unterscheiden.
- In Bezug auf das Sondereigentum treffen seinen Eigentümer die Verkehrssicherungspflichten. Die Gemeinschaft de...