Leitsatz

In einem vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes abgeschlossenen, auf ursprünglich fünf Jahre befristeten Mietvertrag hält eine formularmäßige Verlängerungsklausel folgenden Inhalts der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB stand: "Wird das Mietverhältnis nicht auf den als Endtermin vorgesehenen Tag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt, so verlängert es sich jedes Mal um 5 Jahre."

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 565a a. F.; EGBGB Art. 229 § 3 Abs. 3

 

Kommentar

In einem im Juli 1999 abgeschlossenen Mietvertrag ist geregelt, dass das Mietverhältnis am 15.8.1999 beginnen und am 31.7.2004 enden soll. Außerdem enthält der Vertrag die im Leitsatz enthaltene Klausel. Der Mieter hat das Mietverhältnis mit Schreiben vom 22.1.2008 zum 30.4.2008 gekündigt. Die Wohnung wurde vom Vermieter zum 1.10.2008 weitervermietet. Der Vermieter nimmt den Mieter auf Zahlung der Miete für die Monate Mai bis September 2008 in Anspruch.

Nach dem Wortlaut der Verlängerungsklausel wurde das Mietverhältnis am 31.7.2004 um 5 Jahre verlängert. Eine ordentliche Kündigung war damit bis 31.7.2009 ausgeschlossen. Nach gegenwärtiger Rechtslage ist die Klausel allerdings unwirksam, weil sie im Ergebnis einen 5-jährigen Kündigungsausschluss zur Folge hat. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Kündigungsausschluss aber maximal für die Dauer von 4 Jahren vereinbart werden (BGH, Urteil v. 30.6.2004, VIII ZR 379/03, NJW 2004 S. 3117; Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 2/04, WuM 2004 S. 672; Urteil v. 6.4.2005, VIII ZR 27/04, NJW 2005 S. 1574).

Nach dem bis 31.8.2001 geltenden Recht waren allerdings befristete Mietverträge (§ 564c Abs. 1 BGB a. F.) und Mietverhältnisse mit Verlängerungsklausel (§ 565a Abs. 1 BGB a. F.) ohne zeitliche Begrenzung der Vertrags- oder Verlängerungsdauer möglich. In Art. 229§ 3 Abs. 3 EGBGB ist hierzu bestimmt, dass diese Vorschriften weiter anzuwenden sind, wenn das Mietverhältnis vor dem 1.9.2001 (dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes) abgeschlossen wurde. Daraus folgt zunächst, dass eine individualvertraglich vereinbarte Vertragsbindung auf 5 Jahre nicht zu beanstanden ist.

In der Rechtsprechung und Literatur wird teilweise vertreten, dass die 4-jährige Obergrenze auch für Altverträge gilt, wenn der Kündigungsausschluss durch Formularvertrag vereinbart wird (AG Gießen, Urteil v. 16.2.2006, 48M C 849/05, WuM 2006 S. 196; Sternel, Mietrecht aktuell (2009), Rdn. X 8). Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Die 4-jährige Obergrenze beruhe auf der Erwägung, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Befristung von Mietverträgen stark eingeschränkt habe, um das Interesse des Mieters an "Mobilität und Flexibilität" zu stärken. Diese Zielsetzung habe im früheren Recht keine Rolle gespielt.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 23.6.2010, VIII ZR 230/09, WuM 2010 S. 508

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