Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 304
Wenn die Voraussetzungen des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs vorliegen, so hat der den Unterhalt leistende Elternteil gegen den anderen einen Regressanspruch in Höhe des geleisteten Unterhalts. Daneben steht weiterhin der Unterhaltsanspruch des Kindes. Würden diese beiden Ansprüche also getrennt voneinander betrachtet und geltend gemacht werden, so wäre der Unterhaltspflichtige theoretisch zweimal zur Zahlung verpflichtet. Die beiden Zahlungsansprüche müssen also insoweit miteinander verbunden werden, damit sich der Pflichtige nicht zwei Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt sieht.
Rz. 305
Hier kommt die Abtretung des Unterhaltsanspruchs durch das Kind an den den Ausgleich verlangenden Elternteil in Betracht. Das Abtretungsverbot nach § 400 BGB i. V. m. § 850b Abs. 1 ZPO greift hier nicht. Das von dem einen Elternteil vollumfänglich versorgte Kind hat den Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil eigentlich gar nicht mehr nötig, was aber nicht dazu führt, dass dieser nicht grundsätzlich gegeben ist. Da aber auch kein automatischer Anspruchsübergang auf den betreuenden und zahlenden Elternteil angenommen werden kann, muss im Ergebnis eine Verpflichtung des Kindes zur Abtretung seines Unterhaltsanspruchs für die Zeit, in der es von dem einen Elternteil vollumfänglich mit Barmitteln versorgt wurde, angenommen werden. Anspruchsgrundlagen für die Verpflichtung zur Abtretung können §§ 1618a (gegenseitige Rücksichtnahme von Eltern und Kind), 242 oder 255 BGB (Abtretungsverpflichtung bei Schadloshaltung) sein.
Rz. 306
Neben der Abtretung hat der ausgleichsberechtigte Elternteil noch die Möglichkeit, durch einseitige Erklärung gegenüber dem Kind den Unterhaltsanspruch des Kindes zum Erlöschen zu bringen, indem er bestimmt, dass mittels des dem Kind erbrachten Barunterhalts die Barunterhaltsverpflichtung des anderen Elternteils getilgt werden sollte (§ 267 Abs. 1 BGB). Diese Leistungsbestimmung kann auch noch nachträglich nach Vornahme der in Frage stehenden Erfüllungshandlung erfolgen. Eine solche nachträgliche Fremdbestimmung kann in der Erhebung eines Ausgleichsantrages liegen.
Die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme hat der BGH jüngst verneint. Denn nach Ansicht des BGH steht der familienrechtliche Ausgleichsanspruch in einem Alternativverhältnis zu den Unterhaltsansprüchen des Kindes, weil er nur entsteht, wenn der Unterhaltsanspruch erfüllt worden ist.
Empfehlung:
Zahlt der Unterhaltspflichtige den titulierten Unterhalt nach Obhutswechsel des Kindes mit befreiender Wirkung an das Kind, so ist der andere Elternteil nicht rechtlos gestellt. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass wenn der barunterhaltsverpflichtete Elternteil (hier der Vater) dahingehend verurteilt wurde, rückwirkend den Unterhalt für das inzwischen bei ihm lebende Kind zu zahlen, und dieser den Betrag an das Kind zahlt, er mit befreiender Wirkung auch gegenüber der Mutter geleistet hat. Als Folge erlischt der familienrechtliche Ausgleichsanspruch der Mutter und wird durch einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB gegen das Kind ersetzt.