Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 50
Werden nach der Trennung der Eheleute in einer nur noch von einem Ehegatten bewohnten Immobilie Erhaltungsmaßnahmen notwendig, so können diese auch ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten durchgeführt werden, § 744 Abs. 2 BGB, wenn die finanziellen Verhältnisse der Eheleute diese zulassen und während bestehender Ehe eine solche Entscheidung ebenfalls getroffen worden wäre. Der vorleistende Ehegatte kann von dem anderen Ersatz für die entstandenen Aufwendungen sowie die Gewährung eines Vorschusses verlangen. Der Haftungsanteil richtet sich im Zweifel nach dem Miteigentumsanteil, wie §§ 748, 755 BGB als besondere Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB bestimmen. Eine ausdrückliche oder stillschweigend getroffene Bestimmung der Ehegatten ist jedoch vorrangig vor dem sich aus den Regelungen über die Bruchteilsgemeinschaft ergebenden Haftungsmaßstab.
Von einer notwendigen Erhaltungsmaßnahme im Sinne des § 744 Abs. 2 BGB kann gesprochen werden, wenn sie vom Standpunkt eines vernünftigen Eigentümers oder sonst wie Berechtigten aus als zur Erhaltung des Gegenstands erforderlich erscheint.
An diesem Verteilungsmaßstab ändert sich auch nicht bereits deswegen etwas, weil ein Ehegatte nunmehr alleine das Familienheim bewohnt.
Rz. 51
Wie oben (Rn. 47) bereits ausgeführt, kann der Ausgleich nach § 426 BGB rückwirkend ohne besondere Inverzugsetzung geltend gemacht werden, der Anspruch auf Zahlung eines Nutzungsentgeltes jedoch erst mit dem ersten Zahlungsverlangen. Wenn nun ein Ehegatte in dem Familienheim wohnen bleibt und die Hauslasten weiter trägt und der ausgezogene Ehegatte aus diesem Grunde von der Geltendmachung eines Nutzungsentgeltes abgesehen hat, treten spätestens dann Probleme auf, wenn der wohnen gebliebene Ehegatte plötzlich rückwirkend einen Ausgleich im Innenverhältnis verlangt und der ausgezogene Ehegatte lediglich seinen Nutzungsersatzanspruch ab sofort geltend machen kann. Der BGH hat in diesem Fall eine gerechte Lösung dergestalt gefunden, dass er eine stillschweigend geschlossene anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB annimmt, wonach zwischen den Ehegatten eine "Nichtabrechnungsvereinbarung" geschlossen wurde. Diese stillschweigend geschlossene Nichtabrechnungsvereinbarung beinhaltet, dass der im Haus verbliebene Ehegatte die Schulden trägt und der ausgezogene Ehegatte kein Nutzungsentgelt erhält. Die Nichtabrechnungsvereinbarung bewirkt, dass dem Anspruch aus § 426 BGB auch rückwirkend der Einwand der entgeltfreien Nutzung anspruchsmindernd bzw. anspruchsausschließend entgegen gehalten wird. Anderes gilt, wenn der Ausgezogene die Hauslasten trägt; dieser kann auch für die Vergangenheit die Beteiligung an den Lasten verlangen.
Empfehlung:
Damit in dieser Konstellation gar nicht erst Probleme entstehen, ist dem unterhaltsberechtigten Ehegatten dringend zu raten, gegenüber dem im Haus wohnen gebliebenen und die Schulden tilgenden Ehegatten nachweislich zum Ausdruck zu bringen, dass der Nutzungsersatzanspruch nur solange nicht geltend gemacht wird, wie der andere Ehegatte die gemeinsamen Schulden tilgt.