Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 83
Gemeinschaftskonten bei Eheleuten sind in der Regel Oder-Konten, jeder der Ehegatten kann also im Außenverhältnis über das Guthaben ohne Beteiligung des anderen verfügen. Handelt es sich bei dem Gemeinschaftskonto ausnahmsweise um ein Und-Konto, so können die Ehegatten nur gemeinsam über das Konto verfügen.
Sind die Ehegatten beide Inhaber eines Kontos, sind sie Gesamtgläubiger der Bank im Sinne des § 428 BGB. Gemäß § 430 BGB kann sich daraus im Innenverhältnis die Ausgleichspflicht eines Ehegatten ergeben, soweit er von dem Guthaben mehr für sich allein verwendet hat, als ihm nach der rechtlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses zusteht. Ein solcher Ausgleichsanspruch wird auch nicht durch die Regelungen zum Zugewinnausgleich verdrängt.
Bei Oder-Konten kommt es nicht entscheidend auf die Herkunft des Guthabens an oder aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist. Entscheidend und in einem möglichen Verfahren darzulegen und zu beweisen ist vielmehr, dass dem einen der Gesamtgläubiger durch die Leistung des Schuldners mehr zugeflossen ist, als seinem hälftigen Anteil entspricht. Beruft sich der andere Gesamtschuldner darauf, dass ihm im Innenverhältnis tatsächlich ein größerer als der hälftige Anteil zugestanden hat, so muss er die Abweichung von der gesetzlichen Regel darlegen und beweisen.
Rz. 84
Während des Zusammenlebens kann sich diese Abweichung aus einer stillschweigenden Vereinbarung der Eheleute, dem Zweck und der Handhabung des Kontos ergeben. Ist eine Abweichung anzunehmen und missachtet einer der Ehegatten diese (z. B. indem er vor der Trennung praktisch das ganze Geld abhebt), so erfolgte ein Ausgleich nach § 430 BGB. Es gelten letztlich die gleichen Grundsätze wie beim Gesamtschuldnerausgleich. Die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert auch hier grundsätzlich den Gesamtgläubigerausgleich. Ein Ausgleichsanspruch ist jedoch auch während bestehender Ehe möglich, wenn ein Ehegatte ein Gemeinschaftskonto beispielsweise praktisch aufhebt oder einen großen Betrag auf ein allein ihm zur Verfügung stehendes Konto überweist.
Rz. 85
Nach der Trennung entfällt das der Errichtung des Gemeinschaftskontos zugrunde liegende besondere Vertrauensverhältnis. Damit entfällt auch die Geschäftsgrundlage ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarungen über das Innenverhältnis, die der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft gedient haben. Ein Ausgleichsanspruch nach § 430 BGB besteht grundsätzlich dann, wenn die Abhebung über die Hälfte des Guthabens hinausgeht. Dies gilt auch dann, wenn das Geld alleine von einem Ehegatten eingezahlt worden ist. Das Oder-Konto bringt den Willen der Ehegatten zum Ausdruck, dass beide angemessen an dem gemeinsam Erarbeiteten beteiligt werden. Geht nach der Trennung Geld auf dem Gemeinschaftskonto ein, ist davon auszugehen, dass es dem Ehegatten zusteht, von dessen Schuldner es stammt.
Rz. 86
Hat ein Ehegatte nach der Trennung mehr als die Hälfte vom Guthaben abgehoben und für den Unterhalt der restlichen Familienmitglieder verwendet, kann ausnahmsweise etwas anderes bestimmt sein und dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten entsprechen. Eine solche Ausnahme kann hingegen nicht angenommen werden, wenn die Abhebung zum Zwecke der Anschaffung trennungsbedingt für notwendig gehaltener Haushaltsgegenstände erfolgt.
Empfehlung:
Bei einem Oder-Konto kann ein Ehegatte den ihm zustehenden Anteil am Guthaben nur durch sofortige Abhebung vor dem unberechtigten Zugriff des anderen Ehegatten schützen.
Ist das Konto überzogen, führt dies grundsätzlich dazu, dass beide Kontoinhaber im Außenverhältnis gegenüber der Bank als Gesamtschuldner für die Verfügungen des einen Ehegatten, die zu der Überziehung geführt haben, haften.