Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 127
Beispiel
Die Eheleute M und F leben gemeinsam mit den Eltern der F unentgeltlich in einem im Eigentum der Eltern stehenden Haus. M baut während der Ehe das Familienheim der Schwiegereltern aus, damit die ausgebauten Räume auch von seiner Familie weiter genutzt werden können. Für diesen Umbau investiert M 50.000 EUR. M und F trennen sich und M verlangt nun die 50.000 EUR, zumindest aber den Wertzuwachs, den das Grundstück durch die Umbaumaßnahmen erfahren hat, von den Schwiegereltern heraus.
Vorab sei klargestellt, dass Rückforderungsansprüche nicht nur für Vermögenszuwendungen, sondern insbesondere auch für Arbeitsleistungen in Betracht kommen.
Da die Schwiegereltern den Eheleuten ein unentgeltliches Wohnen gestatten, besteht rechtlich betrachtet zwischen ihnen ein Leihvertrag. Ausgleichsansprüche ergeben sich hier allein aus Bereicherungsrecht wegen des Wegfalls des rechtlichen Grundes (Leihvertrag als Rechtsgrund) für die finanzielle Investition bzw. die geleistete Arbeit nach § 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 BGB. Der Rechtsgrund fällt allerdings tatsächlich erst dann weg, wenn auch das Leihverhältnis beendet wird. Dies ist regelmäßig dann noch nicht der Fall, wenn einer der Ehegatten weiterhin unentgeltlich in den Räumlichkeiten lebt. Der Wert der Bereicherung richtet sich allein nach dem Vorteil, den der Zuwendende durch die durch sein Zutun ermöglichte vorzeitige Nutzung der Räumlichkeiten erhalten hat. Die Ertragswertsteigerung ist damit der relevante Maßstab. Die Werterhöhung des Hauses oder die investierten Kosten sind dabei letztlich unerheblich. Die Schwiegereltern haben ihren Vermögenszuwachs daher in Form einer Geldrente an das Schwiegerkind für die ursprünglich geplante Dauer des Leihverhältnisses auszugleichen.
Für den Beispielsfall gilt damit Folgendes: So lange E noch in der Immobilie wohnt, besteht kein Anspruch aus Bereicherungsrecht, weil auch das Leihverhältnis noch nicht beendet ist. Es ist weder der Rechtsgrund entfallen (§ 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 BGB), weil das Leihverhältnis ja noch besteht, noch liegt eine Zweckverfehlung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 2 BGB) vor, weil der Wohnraum für die Nutzung der Familie geschaffen wurde und die E dort ja noch lebt. Erst wenn die E ebenfalls ausgezogen ist, ergibt sich ein Anspruch aufgrund des Wegfalls des rechtlichen Grundes nach § 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 BGB).
Rz. 128
Die Ansprüche verjähren grundsätzlich innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB. Beruht die wegen Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmende Vertragsanpassung auf einer Grundstücksschenkung, richtet sich die Verjährungsfrist nach der Rechtsprechung des BGH nach § 196 BGB. Diese Norm sieht für Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf Gegenleistung eine zehnjährige Verjährungsfrist vor.
Rz. 129
Zuständig für die Durchsetzung der Ansprüche sind die Familiengerichte gem. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.