Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 256
Auch während bestehender Ehe können Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB bestehen, wenn ein Ehegatte den anderen schuldhaft an Körper oder Gesundheit schädigt. Es kommt also nicht nur ein Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens, sondern auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht.
Rz. 257
Bei einer vorsätzlichen Misshandlung des Ehegatten besteht ohne Zweifel ein Schadensersatzanspruch. Aber auch bei fahrlässigen Körperverletzungen kann es zu einem Schadensersatzanspruch kommen. Es ist jedoch stets die Haftungserleichterung des § 1359 BGB im Auge zu halten, sofern es sich nicht um eine Verletzung im Straßenverkehr oder im sonstigen motorisierten Verkehr handelt.
Entstehen Gesundheitsschädigungen durch Aufregungen über ehewidriges Verhalten und die Zerstörung der Ehe, so besteht kein Schadensersatzanspruch.
Rz. 258
Grundsätzlich gilt, dass Schadensersatz wegen einer Rechtsfolge, die ihre Ursache in einer sexuellen Untreue hatte, von dem anderen Ehegatten nicht verlangt werden kann. Dies deshalb nicht, weil dieser Bereich der Ehestörungen nach der Rechtsprechung nicht dem deliktischen Rechtsgüterschutz zuzuordnen ist. Es handele sich hierbei um "rechtsfreie innereheliche Vorgänge, die in den Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände nicht einbezogen sind".
Rz. 259
Dies ist anders zu beurteilen, wenn eine weitere schädigende Verletzungshandlung hinzutritt. Eine deliktische Haftung ist insbesondere im Falle einer Infizierung eines Ehegatten durch den anderen mit dem Aids-Virus als Folge eines Ehebruchs anzunehmen. Hier wird die Realisierung des Anspruchs jedoch meist an Beweisproblemen scheitern.
Rz. 260
Auch hat der BGH beispielsweise eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB in einem ganz anders gelagerten Fall bejaht, bei dem die Ehefrau vor der Eheschließung dem Ehemann vorgespiegelt hat, dass nur er als Vater des von ihr erwarteten Kindes in Betracht komme. Eine bedingt vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB liegt auch dann vor, wenn eine Frau ihren Lebensgefährten zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses durch die wahrheitswidrige Behauptung, keine weiteren Sexualkontakte gehabt zu haben, veranlasst.
Rz. 261
Ein Anspruch auf Ersatz eines materiellen Schadens sowie ein Schmerzensgeldanspruch bestehen, wenn der eine Ehegatte während der Trennungszeit gewaltsam Geschlechtsverkehr vom anderen Ehegatten erzwingt oder diesen sexuell nötigt. Im straf- sowie im zivilrechtlichen Bereich wird auch Partnern einer bestehenden Ehe das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zugestanden, so dass ein Schadensersatzanspruch unabhängig davon in Betracht kommt, ob der Übergriff mit einer körperlichen Misshandlung einhergeht oder zu einer Gesundheitsschädigung führt.