Leitsatz
Ein minderjähriges und ein volljähriges Kind nahmen ihren Vater im Wege der Abänderungsklage auf Zahlung höheren Unterhalts als durch Anerkenntnisurteil aus dem Jahre 1999 tituliert in Anspruch.
Das erstinstanzliche Gericht hat der Klage stattgegeben und den zu zahlenden Unterhalt nach den Einkünften des barunterhaltspflichtigen Vaters ermittelt.
Der Beklagte hat gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt mit dem Ziel, bei dem minderjährigen Kind eine Anrechnung von dessen Zinseinkünften zu erreichen. Hinsichtlich des volljährigen Kindes vertrat er die Auffassung, es habe den Stamm seines Vermögens einzusetzen.
Das Rechtsmittel des Beklagten hatte ganz überwiegend Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung des Beklagten für überwiegend begründet.
Hinsichtlich des minderjährigen Kindes verwies es auf die insoweit klare gesetzliche Regelung des § 1602 Abs. 2 BGB, wonach ein minderjähriges unverheiratetes Kind Unterhalt nur insoweit verlangen kann, als die Einkünfte aus seinem Vermögen zur Deckung seines Lebensbedarfs nicht ausreichten. Hieraus ergebe sich zum einen, dass der Vermögensstamm nicht einzusetzen sei und zum anderen, dass Einkünfte den Bedarf vermindern, wenn es sich nicht um solche aus Schülerarbeit handele, die in der Regel als überobligatorisch zu werten und nicht zu berücksichtigen seien.
Die Zinseinkünfte des minderjährigen Kindes i.H.v. 46,45 EUR monatlich wurden vom OLG als bedarfsmindernd von dem zu leistenden Unterhalt abgesetzt.
Zu dem Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes vertrat das OLG in Anlehnung an die insoweit herrschende Meinung die Auffassung, im Umkehrschluss aus § 1602 Abs. 2 BGB ergäbe sich, dass ein volljähriges Kind grundsätzlich verpflichtet sei, vorrangig seinen Vermögensstamm zu verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nehme (Wendl/Staudigl, 6. Aufl., § 2, Rz. 107; BGH v. 5.11.1997 - XII ZR 20/96, MDR 1998, 225 m. Anm. Hartung = FamRZ 1998, 367 ff.).
Zwar könnten für die Frage des Vermögenseinsatzes Billigkeitserwägungen nicht ganz außer Betracht bleiben. Die Grenze der Unzumutbarkeit, die enger als bei § 1577 Abs. 3 BGB gezogen werden müsse, sei hier jedoch nicht erreicht. Von dem Sparvermögen von insgesamt 15.169,04 EUR könne dem volljährigen Kind ein Verbrauch von etwa 27 %, somit ca. 4.131,00 EUR zugemutet werden. Dies sei maßvoll und begründe keine grobe Unbilligkeit.
Hinweis
Die Entscheidung folgt der Auffassung des BGH, wonach beim Volljährigenunterhalt Vermögen zu verwerten ist, falls dies nicht unzumutbar ist.
Im Hinblick auf etwa auftretenden Sonderbedarf ist ein Notgroschen zu belassen. Insoweit ist auf die Maßstäbe des Sozialhilferechts zurückzugreifen (vgl. BGH v. 5.11.1997 - XII ZR 20/96 = FamRZ 1998, 367 ff.).
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 11.08.2006, 11 UF 25/06