Leitsatz
Die minderjährigen Töchter des Beklagten hatten ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen und waren davon ausgegangen, dass er aufgrund seines "überdurchschnittlichen" Einkommens verpflichtet sei, Kindesunterhalt über den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen.
Sie beabsichtigten, gegen das erstinstanzliche Urteil, das ihren Anträgen nicht in vollem Umfang stattgegeben hatte, Berufung einzulegen und begehrten für die Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe.
Ihrem Antrag wurde nicht entsprochen.
Der Antrag der Klägerinnen, wegen Versäumung der Berufungsfrist und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wurde zurückgewiesen.
Auch ihr Antrag, dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, an sie zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten einen Prozesskostenvorschuss für das Hauptsacheverfahren beim OLG und für das Anordnungsverfahren zu zahlen, hatte mangels Erfolgsaussicht der Berufung keinen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt den Antrag der Klägerinnen, ihnen zur Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, für unbegründet, da sie nicht ausreichend glaubhaft gemacht hätten, aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage zu sein, ihren Unterhaltsprozess selbst zu finanzieren.
Ihnen stehe gegen den Beklagten ein ggü. dem gegen den Staat gerichteten Anspruch auf Prozesskostenhilfegewährung vorrangiger Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses zu. Aufgrund der Höhe seines Einkommens sei der Beklagte aus unterhaltsrechtlicher Sicht als leistungsfähig anzusehen, einen Prozesskostenvorschuss zu zahlen.
Zum anderen könne der eigene Vortrag der Klägerinnen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten bei der Prüfung der Frage der Glaubhaftmachung der "eigenen Bedürftigkeit" nicht unberücksichtigt bleiben. Sie seien noch in ihrer Antragsschrift auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Berufung davon ausgegangen, dass der Beklagte aufgrund seines "überdurchschnittlichen Einkommens" verpflichtet sei, Kindesunterhalt über den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen. Dies zeige sich auch in den Klage- und Berufungsanträgen der Klägerinnen.
Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet, da sie nicht unverschuldet die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt hätten.
Die Berufung der Klägerinnen sei verspätet, da die Berufungsfrist von einem Monat seit Zustellung des angefochtenen Urteils nicht gewahrt sei. Die Nichteinhaltung der Berufungsfrist sei auch nicht unverschuldet. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Klägerinnen vor Ablauf der Berufungsfrist einen Prozesskostenhilfeantrag für eine Berufung eingereicht hätten. Dies führe vorliegend nicht dazu, dass die Klägerinnen bis zur Entscheidung über den gestellten Prozesskostenhilfeantrag unverschuldet an einer rechtzeitigen Einlegung der Berufung gehindert gewesen seien. Hierauf seien die Klägerinnen bereits mit Hinweisbeschluss des OLG hingewiesen worden.
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerinnen bedürftig i.S.d. §§ 114, 115 ZPO seien. Daher greife für sie der Grundsatz nicht ein, dass das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, kein Verschulden darstelle, wenn die Partei nur alles in ihren Kräften Stehende und ihr Zumutbare getan habe, um die Frist zu wahren, weil die bedürftige Partei nicht schlechter gestellt werden dürfe als die nicht bedürftige Partei.
Diese Voraussetzungen seien hier gerade nicht gegeben gewesen. Hierauf seien die Klägerinnen auch rechtzeitig hingewiesen worden. Die anwaltlich vertretenen Klägerinnen hätten wissen müssen, dass ihr vorrangig bestehender Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Beklagten ihre Bedürftigkeit i.S.d. §§ 114 ff. ZPO entfallen lasse. Im Hinblick auf ihre anwaltliche Vertretung hätten sie auch wissen müssen, dass ihr Prozesskostenhilfeantrag zur Durchführung der Berufung bereits wegen des vorrangigen Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss gegen den Beklagten zurückzuweisen war. Schon bei Einreichung des im Übrigen umfassend begründeten Prozesskostenhilfeantrages hätten sie erkennen können und müssen, nicht bedürftig i.S.d. §§ 114 ff. ZPO zu sein. Daher begründe das vor Ablauf der Berufungsfrist eingereichte Prozesskostenhilfegesuch keinen Wiedereinsetzungsgrund.
Vielmehr seien die Klägerinnen gehalten gewesen, rechtzeitig von dem Beklagten einen Prozesskostenvorschuss einzufordern und fristgerecht Berufung einzulegen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 11.06.2010, 4 UF 39/10