Leitsatz

  • Wiedereinsetzung kann grundsätzlich nicht mehr nach Ablauf der Jahresfrist beantragt werden

    Bestandskräftiger Eigentümermehrheitsbeschluss auf Kostenverteilungsänderung

    Zur Auslegung von Eigentümerbeschlüssen (durch das Rechtsbeschwerdegericht)

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 22 Abs. 2 Satz 4 FGG, § 234 Abs. 3 ZPO

 

Kommentar

1. Auch wenn einem Eigentümer weder die Einladung zu einer Eigentümerversammlung noch das Protokoll bekanntgegeben wurde, kann ihm grundsätzlich nach Ablauf der Jahresfrist des § 22 Abs. 2 Satz 4 FGG (gleichgeregelt in § 234 Abs. 3 ZPO) nicht mehr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gewährt werden (h.R.M.).

2. Vorliegend konnte auch nicht bei mehrheitlich beschlossener Kostenverteilungsänderung von einem nichtigen Beschluss wegen Kompetenzüberschreitung der Gemeinschaft ausgegangen werden, selbst wenn ein vereinbarter Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 WEG grundsätzlich auch nur durch Vereinbarung geändert werden kann. Eine solche Kompetenzüberschreitung hätte ebenso wie ein Einberufungsmangel rechtzeitiger form- und fristgerechter Anfechtung bedurft. Ein ändernder Mehrheitsbeschluss wird mangels Anfechtung bestandskräftig [sogenannter Zitterbeschluss] und gilt auch für Rechtsnachfolger, solange diese Bestandskraft wirkt.

3. Eine Gemeinschaft ist auch nicht verpflichtet, auf Forderung wieder zu früherem Verteilungsschlüssel "zurückzukehren". Ein Eigentümer kann nämlich die Aufhebung eines durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss festgelegten Kostenverteilungsschlüssels jedenfalls dann nicht verlangen, wenn mit der Festlegung den geänderten Verhältnissen Rechnung getragen wurde und sich diese Verhältnisse unterdessen nicht geändert haben (wie hier).

4. Was den Vorwurf der Antragstellerseite auf nicht hinreichend abgrenzbare Bewirtschaftungskosten betrifft, wurde zwischenzeitlich vom BGH (vom 10. 9. 1998, NJW 1998, 3713) entschieden, dass solche Beschlüsse, die Regelungen enthalten, die auch für einen Sondernachfolger gelten sollen, wie Grundbucheintragungen, nach objektiven Kriterien auszulegen sind, was auch durch ein Rechtsbeschwerdegericht erfolgen kann, wenn keine weiteren Ermittlungen erforderlich sind. Mit dieser BGH-Entscheidung ist bisherige Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte überholt, welche die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen ausschließlich dem Tatsacheninstanz-Richter vorbehalten hat. Im vorliegenden Fall ist im Rahmen der vom Senat in eigener Kompetenz vorzunehmenden Auslegung die angegriffene Beschlussfassung hinreichend deutlich und damit die beschlossene Kostenverteilung wirksam.

5. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in Dritter Instanz bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 5.000.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 20.01.1999, 24 W 6942/98)

zu Gruppe 7:  Gerichtliches Verfahren

Anmerkung:

Die Auffassung unter Ziffer 2. entspricht seit Oktober 1999 nicht mehr der h.R.M.. Solche Kostenverteilungsänderungs-"Zitterbeschlüsse" sollen nunmehr nichtig sein!

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