Problemüberblick
Im Fall geht es erstens um die Frage, wie ein Beschlussgegenstand zu bezeichnen ist. Zweitens geht es um den "Dauerbrenner" Bestimmtheit. Und drittens geht es um einen Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer sich über eine bauliche Veränderung verhalten. Der Fall spielt allerdings noch im bis zum 1.12.2020 geltenden alten Recht. Im Spiegel des neuen Rechts zeigt sich, was sich hier verändert hat.
Bezeichnung eines Beschlussgegenstandes und Einberufungsfrist
Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, nach § 24 Abs. 4 Satz 2 mindestens 3 Wochen betragen (im alten Recht waren es 2 Wochen). Wird diese Frist wegen der Ergänzung der Tagesordnung nicht eingehalten, liegt ein formaler Ladungsmangel vor. Die Rechtsprechung vermutet für solche Mängel, dass ein Beschluss, den die Wohnungseigentümer in dieser Situation fassen, auf ihnen beruht. Dieser Umstand hätte der Klage eigentlich zum Erfolg verhelfen müssen.
Um dieses Ergebnis zu verhindern, behilft sich das AG mit einem "Trick". Es meint, es liege kein Ladungsmangel vor, da sich der klagende Wohnungseigentümer allgemein mit der Errichtung eines Schuppens hätte beschäftigen können. Mich überzeugt diese großzügige Sichtweise nicht. Denn der Kläger hatte erst mit der Ergänzung der Tagesordnung einen ausreichenden Anlass, sich mit der Errichtung eines Schuppens in der Nähe seines Gartens zu beschäftigen. Ich selbst hätte diese Frage also anders entschieden.
Bestimmtheit eines Beschlusses
Beschlüsse müssen "bestimmt" genug formuliert sein. Dies ist der Fall, wenn ein Beschluss aus sich heraus genau, klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gilt. Einem Beschluss fehlt hingegen die Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält. Damit ein Beschluss "bestimmt" ist, muss er so ausführlich wie nötig beschreiben, was gelten soll. Er muss – gegebenenfalls durch Verweisung – sein Regelungsproblem (den Anlass seiner Entstehung) vollständig lösen. Außerdem muss er so formuliert werden, dass er in sich nicht widersprüchlich ist. Lässt sich ein Gegenstand im Beschlusstext selbst nur schlecht oder gar nicht oder nur ungenau oder nur widersprüchlich darstellen, bedarf es für eine Herstellung von Bestimmtheit in der Regel einer Beschluss-Anlage. Ein Beschlusstext selbst kann auch aus diesem Grund kurz sein und zur näheren Erläuterung auf eine Anlage Bezug nehmen. Eine solche Beschluss-Anlage kann z. B. ein Gutachten, ein Bild, eine Zeichnung, eine Baubeschreibung, ein Leistungsverzeichnis, ein Bauplan, eine Skizze etc. sein. Im Fall wendet das AG diesen Grundsatz nicht an. Denn danach reicht es gerade nicht, wenn sich die notwendigen Angaben (hier: was darf wo gebaut werden?) nur in der Niederschrift, nicht aber im Beschluss finden.
Bauliche Veränderung bis zum 1.12.2020
Bauliche Veränderungen konnten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG a. F. nur beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmte, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG a. F. bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wurden.
Im Fall macht Wohnungseigentümer K eine solche Beeinträchtigung geltend. Dies sieht das AG vertretbar anders und lehnt eine Beeinträchtigung ab. Was für die Kosten einer baulichen Veränderung galt, bestimmte § 16 Abs. 6 WEG a. F. Danach hatten die Wohnungseigentümer die Kosten der baulichen Veränderungen zu tragen, die ihr zugestimmt hatten. Im angefochtenen Beschluss hatten die Wohnungseigentümer diesen gesetzlichen Umlageschlüssel dauerhaft ändern wollen, und zwar sowohl für die Errichtungs- als auch für die Folgekosten. Richtiger Ansicht nach widersprach ein solcher Beschluss einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Warum es im Fall anders liegen soll, ist der Entscheidung leider nicht zu entnehmen.
Bauliche Veränderung seit dem 1.12.2020
Bauliche Veränderungen können seit dem 1.12.2020 nach § 20 Abs. 1 WEG beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. Auf die Beeinträchtigung eines Wohnungseigentümers kommt es für die Beschlusskompetenz nicht an. Eine Grenze setzt nur § 20 Abs. 4 WEG. Danach dürfen bauliche Veränderungen nicht beschlossen oder durch Beschluss gestattet werden, wenn sie einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen Wohnungseigentümern unbillig benachteiligen. Dieser Fall liegt selten vor. Was für die Kosten gilt, bestimmt § 21 WEG. Im Fall wäre § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG anwendbar. Danach wäre klar, dass X die Kosten und die Folgekosten der baulichen Veränderung zu tragen hätte.