1 Leitsatz
Unter dem TOP "Bericht und Beschluss über den Umgang mit der Gebäude- und Wohnzählung 2021 (Informationsblatt als Anlage)" kann beschlossen werden, dem Verwalter eine einmalige Sondervergütung i. H. v. 350 EUR netto zu gewähren.
2 Normenkette
§ 23 Abs. 2 WEG
3 Das Problem
Verwalter V lädt u. a. zu einem "Bericht und Beschluss über den Umgang mit der Gebäude- und Wohnzählung 2021 (Informationsblatt als Anlage)". Als der TOP aufgerufen wird, beantragt V, ihm für seine neue Aufgabe eine einmalige Sondervergütung i. H. v. 350 EUR netto zu gewähren. So wird auch beschlossen. Wohnungseigentümer K meint, dieser Beschluss leide unter einem Ladungsmangel. Ferner hält er den Beschluss nicht für ordnungsmäßig.
4 Die Entscheidung
Dies sieht das AG nicht so! Zwar sei in der Ladung keine Sondervergütung erwähnt worden. Es sei jedoch allgemein anerkannt, dass für die Bezeichnung der Gegenstände grundsätzlich eine schlagwortartige Bezeichnung ausreiche. Eine "Überrumpelung", vor der die Wohnungseigentümer nach § 23 Abs. 2 WEG geschützt werden sollen, liege nicht vor. Der Beschluss widerspreche auch nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn die Wohnungseigentümer könnten "mit Mehrheitsbeschluss der Hausverwaltung für mehr Aufwand bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums eine zusätzliche Vergütung" zubilligen. Eine Sondervergütung scheide nur aus, wenn es sich bei der Tätigkeit um Aufgaben des sog. Kerngeschäfts handele. Bei der Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Zensus handele es sich nicht um solche Kernbereichstätigkeiten, sondern um eine zusätzliche Tätigkeit aufgrund gesetzlicher Anordnung. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass sich die Verpflichtung auch an die Wohnungseigentümer wende. Entscheidend sei allein, dass der Verwalter Tätigkeiten entfalte bzw. entfalten werde und die Wohnungseigentümer damit einverstanden seien, für diese zusätzlichen Tätigkeiten eine zusätzliche Vergütung zu zahlen. Deren Höhe sei nicht zu beanstanden.
Hinweis
Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist es nach § 23 Abs. 2 WEG erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Kündigt der Verwalter einen "Beschluss über den Umgang [mit] der Gebäude- und Wohnzählung 2021" an, liegt hierin meines Erachtens keine Bezeichnung, sondern eine Verdunkelung. Denn es ist nicht erkennbar, dass die dem Verwalter von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragenen Tätigkeiten erweitert werden sollen. Kein Verwalter sollte daher vorgehen, wie es in Hannover geschehen ist. Es sollte vielmehr transparent und klar angekündigt werden, dass der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darum bittet, ihm für die Aufgaben, die ihm das Gesetz zur Durchführung des Zensus im Jahr 2022 (Zensusgesetz 2022 – ZensG 2022) aufbürdet, eine Vergütung zu gewähren.
Muster: Ankündigung
- Das Gesetz zur Durchführung des Zensus im Jahr 2022 verpflichtet den Verwalter zu umfangreichen Aufgaben. Diese konnten bei der Bestimmung der dem Verwalter allgemein geschuldeten Vergütung nicht beachtet werden. Es ist bislang auch keine Sondervergütung vorgesehen. Dem Verwalter soll daher durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine pauschale Vergütung pro Wohnungseigentum in Höhe von ___ angeboten werden [alternativ: für das gesamte Objekt oder eine Kombination].
- Ferner soll darüber beschlossen werden, wie diese Kosten innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu verteilen sind. Da nur die Wohnungseigentümer betroffen sind, soll beschlossen werden, dass nur diese die Kosten zu tragen haben. Umlageschlüssel soll die Anzahl der Wohnungseigentumsrechte sein.
- Für die Vertragsänderung soll ein Wohnungseigentümer ermächtigt werden, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu vertreten.
Nach § 9 ZensG 2022 führen die statistischen Ämter der Länder zum Zensusstichtag eine Gebäude- und Wohnungszählung durch. Erhebungseinheiten der Gebäude- und Wohnungszählung sind Gebäude mit Wohnraum, bewohnte Unterkünfte und Wohnungen. Nach § 24 ZensG sind die Eigentümerinnen und Eigentümer, die Verwalterinnen und Verwalter sowie die sonstigen Verfügungs- und Nutzungsberechtigten der Gebäude oder Wohnungen auskunftspflichtig. Die Erhebungsmerkmale ergeben sich aus § 10 ZensG. Diese Merkmale dürften dem Verwalter zwar bekannt sein. Sie werden sich aber nicht zusammengefasst in einer Datenbank befinden. Ferner verfügt der Verwalter nur über die Gebäudedaten, nicht aber über die Wohnungs- und Bewohnerdaten. Ob daher die Wohnungs- und Bewohnerdaten nur von den Wohnungseigentümern abgefragt werden, bleibt abzuwarten (siehe dazu auch Casser, ZWE 2020, S. 65, 67). Vorstellbar ist, dass sich die statistischen Landesämter zunächst an den Verwalter wenden und diesen bitten, neben den Gebäudedaten die Namen der Wohnungseigentümer mitzuteilen (erfüllt der Verwalter diese Bitte, muss er dies den Wohnungseigentümern nach Art. 13 Abs. 3 DS-GVO vorher mitteilen). Gingen die Landesämter so vor, könnten Sie dann die Wohnungseigentümer wegen der Wohnungs- und Bewohnerdaten direkt anschreiben.
Muster: Datenschutzinformation
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