Problemüberblick
Die Entscheidung behandelt die Frage, wie die Verwaltungen zu laden haben, ohne den Kernbereich des Wohnungseigentums zu verletzen.
Vertreterversammlung
Die COVID-19-Pandemie hat die Verwaltung erheblich erschwert. Überblick:
- Eine Versammlung scheidet aus, wenn das öffentliche Recht Versammlungen verbietet. In diesem Fall ist der Verwalter berechtigt, alle dringenden Entscheidungen zu fassen, und muss die Wohnungseigentümer nicht beteiligen.
- Eine Versammlung ist möglich, wenn das öffentliche Recht Versammlungen grundsätzlich erlaubt. In diesem Fall sind die weiteren öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zu beachten, vor allen Dingen Hygiene- und Abstandsregelungen. Der Verwalter muss daher eine Versammlungsstätte auswählen, die diesen Anforderungen Rechnung trägt.
- Sollten die Wohnungseigentümer zwischenzeitlich von der Möglichkeit nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG Gebrauch gemacht haben, haben sie also grundsätzlich die Onlineteilnahme an einer Präsenzversammlung erlaubt, kann auch dies ein Weg sein, die Versammlung in COVID-Zeiten zu erleichtern.
- Ferner ist eine "Vertreterversammlung" vorstellbar. Will der Verwalter so vorgehen, darf er den Wohnungseigentümern aber nicht suggerieren, sie müssten sich vertreten lassen und dürften nicht zur Versammlung selbst erscheinen. Indizien hierfür sind beispielsweise eine frühe Tageszeit, ein Feiertag als Versammlungstag, eine sehr kleine Versammlungsstätte oder eine unbekannte Adresse. Im Fall lag es nicht so.
Änderung eines Umlageschlüssels
Im Fall ging es inhaltlich im Übrigen um den Beschluss nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, dass die Aufwendungen zur Instandhaltung und Instandsetzung der Briefkästen einschließlich Verschlussklappen und Schließzylinder sowie der Kellertüren einschließlich Verschlusskappen und Schließzylinder vom Wohnungseigentümer zu tragen sind, dem diese zur Nutzung zugeordnet sind.
Diesen Beschluss hat das LG nicht beanstandet! § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gebe den Wohnungseigentümern die umfassende Beschlusskompetenz, den gesetzlichen oder einen vereinbarten Umlageschlüssel für die meisten Kosten und Kostenarten zu ändern. Der Beschluss müsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dies sei der Fall, wenn er einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen aller Wohnungseigentümer an einem reibungslosen Zusammenleben einerseits und den Individualinteressen des einzelnen Wohnungseigentümers andererseits finde. Wollten die Wohnungseigentümer einen Umlageschlüssel ändern, sei ihnen aufgrund des Selbstorganisationsrechts ein weites Ermessen eingeräumt. Sie dürften jeden Umlageschlüssel wählen, der den Interessen aller und den Interessen einzelner Wohnungseigentümer angemessen sei und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führe.
Für die Änderung des Umlageschlüssels bedürfe es deshalb eines "sachlichen Grunds". Dies bedeute, dass sowohl das "Ob" als auch das "Wie" einer Änderung nicht willkürlich sein dürften (Hinweis auf Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 16 Rn. 68). Dies sei der Fall. Eine Verteilung der Kosten nach der jeweiligen Nutzung sei sachgerecht. Auch das "Ob" der Änderung sei nicht willkürlich. Willkür liegt nur dort vor, wo die Mehrheit eigensüchtig und opportunistisch einen neuen Umlageschlüssel einführen wolle, um sich zulasten der Minderheit von der Kostentragung ganz oder teilweise zu entlasten. Das sei nicht der Fall.