1 Leitsatz
Die Einladung zur Eigentümerversammlung, bei der auf die 3-G-Regelungen hingewiesen wird, ist nicht zu beanstanden.
2 Normenkette
§ 24 Abs. 1 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K macht im Rahmen einer Anfechtungsklage geltend, die Ladung sei fehlerhaft gewesen. Es heißt dort wörtlich:
"Da noch immer nicht absehbar ist, wann Präsenzveranstaltungen wieder gefahrlos und mit geringem Gesundheitsrisiko möglich sind, beschränken wir uns erneut auf die aus unserer Sicht per Vollmacht möglichen zu entscheidenden Tagesordnungspunkte. Die übrigen notwendigen noch zu beschließenden Punkte wollen wir gern separat auf der kommenden Eigentümerversammlung, die dann hoffentlich gefahrlos als Präsenzveranstaltung möglich ist, besprechen und beschließen. (…). Sollten Miteigentümer an der Versammlung zwingend teilnehmen wollen, weisen wird auf die Einhaltung der 3-G-Regelungen hin und bitten darum, mit maximal 1 Person anwesend zu sein. Wir möchten uns und unsere Kunden vor möglichen gesundheitlichen Risiken weitgehend schützen. Beachten Sie, dass wir kein Hygienekonzept umsetzen können, Desinfektionsstationen nicht vorhanden sind und die Versammlung mit Mundschutz stattfindet."
4 Die Entscheidung
Dies sieht das LG nicht so! Es liege kein Verstoße gegen den Kernbereich des Wohnungseigentums vor. Zwar gehöre die Teilnahme an einer Versammlung zum Kernbereich des Wohnungseigentums, weshalb auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie ein Anspruch der Wohnungseigentümer auf die persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen bestehe. Aus diesem Grund sei es auch unzulässig, eine Versammlung dahingehend zu beschränken, dass die persönliche Teilnahme den Eigentümern verwehrt werde, indem von vornherein zu einer sog. Vertreterversammlung geladen wird, bei welcher sich die Eigentümer nur (üblicherweise vom Verwalter) vertreten lassen sollen.
Im Fall sei es aber anders. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass den Wohnungseigentümern durch die Form der Ladung eine Teilnahme an der Versammlung verwehrt worden sei. Der Verwalter habe in der Einladung das Datum, die Uhrzeit sowie der Örtlichkeit, an der die Versammlung stattfinden sollte, angekündigt. Die Hinweise zur COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden Maßnahmen und Kontakteinschränkungen seien nicht zu beanstanden. Es sei der allgemeinen pandemiebedingten Lage geschuldet, dass es aufgrund von Kontaktbeschränkungen, Abstandsregelungen oder Quarantäneanordnungen nicht ausnahmslos möglich sei, Versammlungen unter persönlicher Teilnahme aller Wohnungseigentümer durchzuführen, und dass mit der Durchführung von Versammlungen eine erhöhte Infektionsgefahr einhergehe. Zwar sei der Einladung das Ansinnen zu entnehmen, dass die Versammlung – wenn möglich – als "Vollmachtsversammlung" durchgeführt werden solle. Allerdings gebe es keine Aufforderung, an der Versammlung nicht persönlich teilzunehmen, oder einen Hinweis darauf, dass die Versammlung ausschließlich als Vertretersammlung stattfinden solle.
5 Hinweis
Problemüberblick
Die Entscheidung behandelt die Frage, wie die Verwaltungen zu laden haben, ohne den Kernbereich des Wohnungseigentums zu verletzen.
Vertreterversammlung
Die COVID-19-Pandemie hat die Verwaltung erheblich erschwert. Überblick:
- Eine Versammlung scheidet aus, wenn das öffentliche Recht Versammlungen verbietet. In diesem Fall ist der Verwalter berechtigt, alle dringenden Entscheidungen zu fassen, und muss die Wohnungseigentümer nicht beteiligen.
- Eine Versammlung ist möglich, wenn das öffentliche Recht Versammlungen grundsätzlich erlaubt. In diesem Fall sind die weiteren öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zu beachten, vor allen Dingen Hygiene- und Abstandsregelungen. Der Verwalter muss daher eine Versammlungsstätte auswählen, die diesen Anforderungen Rechnung trägt.
- Sollten die Wohnungseigentümer zwischenzeitlich von der Möglichkeit nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG Gebrauch gemacht haben, haben sie also grundsätzlich die Onlineteilnahme an einer Präsenzversammlung erlaubt, kann auch dies ein Weg sein, die Versammlung in COVID-Zeiten zu erleichtern.
- Ferner ist eine "Vertreterversammlung" vorstellbar. Will der Verwalter so vorgehen, darf er den Wohnungseigentümern aber nicht suggerieren, sie müssten sich vertreten lassen und dürften nicht zur Versammlung selbst erscheinen. Indizien hierfür sind beispielsweise eine frühe Tageszeit, ein Feiertag als Versammlungstag, eine sehr kleine Versammlungsstätte oder eine unbekannte Adresse. Im Fall lag es nicht so.
Änderung eines Umlageschlüssels
Im Fall ging es inhaltlich im Übrigen um den Beschluss nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, dass die Aufwendungen zur Instandhaltung und Instandsetzung der Briefkästen einschließlich Verschlussklappen und Schließzylinder sowie der Kellertüren einschließlich Verschlusskappen und Schließzylinder vom Wohnungseigentümer zu tragen sind, dem diese zur Nutzung zugeordnet sind.
Diesen Beschluss hat das LG nicht beanstandet! § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gebe den Wohnungseigentümern die umfassende Beschlusskompetenz, den gesetzlichen oder einen vereinbarten Umlageschlüssel für die meisten Kos...