Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 10 Abs. 1, 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 6 WEG, § 125 BGB
Kommentar
1. Stellt eine Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung zusätzlich zu den gesetzlichen Formerfordernissen (vgl. insbesondere § 24 Abs. 6 und § 23 Abs. 4 WEG) weitere Erfordernisse für die Gültigkeit von Wohnungseigentümerbeschlüssen auf, führt allein dieser Mangel nicht zur Ungültigerklärung in gerichtlichem Beschlussanfechtungsverfahren.
2. In der Teilungserklärung vereinbart war im vorliegenden Fall:
"In Ergänzung des § 23 WEG wird bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vom Verwalter und von 2 von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern/Teileigentümern zu unterzeichnen."
3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts können bloße Protokollierungsmängel die Aufhebung von Eigentümerbeschlüssen nicht nach sich ziehen. Mit dieser Rechtsauffassung wird allerdings von der Entscheidung des OLG Oldenburg (ZMR 85, 30) abgewichen, sodass die Sache vorerst dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen ist.
Grundsätzlich kann durch Teilungserklärungsvereinbarung auch von abdingbarem Gesetz abgewichen werden (vgl. § 10 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 WEG). Allerdings sprechen auch gewichtige Gründe der Rechtssicherheit darüber hinaus dafür, eine beliebige Erweiterung der formellen Ungültigkeitsgründe durch Vereinbarung auszuschließen (was in der Entscheidung näher ausgeführt wird). Eine Ungültigerklärung von Beschlüssen wegen rein formeller Mängel hat gegenüber möglichen inhaltlichen Verstößen von Beschlüssen in den Hintergrund zu treten, was auch gilt, wenn eine Teilungserklärung zusätzlich rein formale Gültigkeitserfordernisse für Beschlüsse (wie hier) aufstellt. Die Vereinbarung entspricht hier nicht § 24 Abs. 6 S. 2 WEG. Selbst ein Verstoß gegen diese gesetzliche Bestimmung begründet nach allgemeiner Auffassung nicht die Ungültigkeit gefasster Beschlüsse; Gleiches muss gelten, wenn die Protokollform durch Gemeinschaftsordnung modifiziert wird. Die Verkündung eines Beschlusses und auch die nachträgliche Protokollierung haben regelmäßig nach h. M. nur Beweisfunktion, sodass eine zusätzlich geschaffene Gültigkeitsvoraussetzung die Rechtssicherheit doch ganz entscheidend beeinträchtigt (was in den Gründen näher dargelegt wird).
Dessen ungeachtet ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass Eigentümer aus der getroffenen Vereinbarung gegen den Verwalter einen Anspruch auf ordnungsgemäße Protokollierung durchsetzen könnten; dieser Anspruch sei jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Auch nach § 125 S. 2 BGB sei zwischen konstitutiver Schriftform (Gültigkeitsvoraussetzung für das Rechtsgeschäft) oder deklaratorischer Schriftform (Niederlegung des Inhalts eines Rechtsgeschäftes lediglich zu Beweiszwecken in bestimmter Form) zu unterscheiden. Unterbleibe eine lediglich zu Beweiszwecken vereinbarte schriftliche Fixierung, sei dies auch dort auf die Wirksamkeit eines Geschäfts ohne Einfluss (auch hier mit möglichem Anspruch auf formgemäße Festlegung zu Beweiszwecken).
4. Wird im Zuge einer Abrechnungsgenehmigungsbeschlussanfechtung allein die Kostenverteilung von Fahrstuhlkosten angegriffen, handelt es sich insoweit um eine Teilanfechtung, sodass restliche Positionen der Abrechnung aufrecht erhalten bleiben können. Fehlt der Ansatz bestimmter Ausgabenpositionen, besteht überdies nur Anspruch auf Ergänzung der Jahresabrechnung. Durch geltungserhaltende Reduktion könnten insoweit Nachzahlungsbeträge im Interesse der Gesamtgemeinschaft fällig gestellt werden.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 18.08.1993, 24 W 1386/93- Vorlage zum BGH)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin (anders die h. M.), dass zumindest für die Existenz eines Eigentümerbeschlusses eine entsprechende Ergebnisverkündung der Stimmenauszählung und damit die Feststellung des Versammlungsleiters, ob überhaupt von einem Beschluss auszugehen ist, bejaht werden muss, hat andererseits eine Protokollierung nach wohl unbestrittener Auffassung für das Entstehen eines Beschlusses und auch für den damit einsetzenden Beginn einer Beschlussanfechtungsfrist keine rechtserhebliche, konstitutive Bedeutung; das Versammlungsprotokoll dient also allenfalls als (sehr wichtige) Beweisunterlage späterer erleichterter Beweisbarkeit gefaßter Beschlüsse (insbesondere aufgrund der Bindungswirkungen von Beschlüssen nach § 10 Abs. 3 und Abs. 4 WEG). Auch zu vorliegend zusätzlich über den gesetzlichen Wortlaut hinaus aufgestellten Formerfordernissen nach Teilungserklärung überzeugt die Entscheidung des KG, auf die Verletzung solcher Formvereinbarungen allein eine erfolgreiche Beschlussanfechtung nicht stützen zu können. Nicht jeder Verstoß gegen v...