Leitsatz
Das FamG hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es im Wege des Rentensplittings von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 179,73 EUR - bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.10.2002 - auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen übertragen hat. Ferner hat es im Wege des analogen Quasisplittings weitere 17,32 EUR zu Lasten der für den Ehemann bei der Pensionskasse Deutscher Eisen- und Straßenbahnen bestehenden Versorgungsanwartschaften auf dem gesetzlichen Rentenversicherungskonto der Ehefrau begründet. Bei der Berechnung der betrieblichen Rentenanwartschaft des Ehemannes ging das erstinstanzliche Gericht davon aus, dass diese im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als dynamisch zu bewerten ist.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wandte sich die Pensionskasse Deutscher Eisen- und Straßenbahnen als Beschwerdeführerin und beantragte, das erstinstanzliche Urteil dahingehend abzuändern, dass anstelle von 17,32 EUR lediglich 10,50 EUR zu Lasten der Pensionskasse Deutscher Eisen- und Straßenbahnen auf dem gesetzlichen Rentenversicherungskonto der Ehefrau begründet werden.
Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin an, die Anwartschaften seien auch im Leistungsstadium als statisch zu behandeln.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, bei der Rentenanwartschaft der Pensionskasse Deutscher Eisen- und Straßenbahnen handele es sich um eine im Leistungsstadium volldynamische Versorgung.
Die Beschwerdeführerin könne sich nicht darauf berufen, gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG von der Anpassungsverpflichtung nach den §§ 16 Abs. 1, 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG entbunden zu sein, weil sie die anfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Rentenleistungen verwende.
Ebenso wenig, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die laufenden Leistungen entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG um jährlich wenigstens 1 % anzupassen, zwingend zu einer Dynamik der betreffenden Rentenanwartschaften führe, bedeute die Befreiung von dieser Verpflichtung aufgrund der Verwendung der in den Rentenbestand fallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Rentenleistungen durch die Pensionskasse, dass die Versorgung als statisch zu bewerten sei.
Ein im Leistungsstadium dynamisches Anrecht könne sich auch dann ergeben, wenn sich aufgrund von Überschusserträgen tatsächlich eine mit der Grundversorgung bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung vergleichbare Steigerung ergebe ( BGH FamRZ 2004, 1414 [1475]). Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit halte der BGH, dessen Auffassung sich das OLG sich insoweit anschloss, daran fest, dass eine Volldynamik dann in Betracht komme, wenn der durchschnittliche Zuwachs der Renten im Leistungsstadium nicht mehr als 1 % hinter der Dynamik der gesetzlichen Renten und der beamtenrechtlichen Anrechte zurückbleibe (so auch: OLG Köln v. 19.7.2004 - 21 UF 27/04, NJW-RR 2005, 229 [230]; BayObLG v. 16.11.2004 - 1Z BR 87/04, FamRZ 2005, 826 [827]).
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt, wobei das OLG für die vorzunehmende Bewertung einen Vergleichszeitraum von 7 Jahren, von 1998 bis einschließlich 2004, für angemessen und ausreichend hielt.
Danach habe die Steigerung der gesetzlichen Renten und der Beamtenversorgung im Leistungsstadium im Vergleichszeitraum im Mittel 1,24 % und die der Versorgung aus der Pensionskasse durchschnittlich 0,83 % betragen, was zu einer - deutlich unter 1 % liegenden - Differenz von 0,41 % führe.
Sofern - wider Erwarten - in Zukunft eine andere Entwicklung eintrete, die der Annahme einer Volldynamik der Rentenanwartschaften bei der Pensionskasse im Leistungsstadium entgegenstehe, könne der ausgleichspflichtige Ehegatte auf die Möglichkeit der Abänderung nach § 10a VAHRG verwiesen werden (vgl. BGH v. 7.7.2004 - XII ZB 277/0, BGHReport 2004, 1422 m. Anm. Gutdeutsch = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474 [1476]).
Umgekehrt erscheine es nicht gerechtfertigt, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten das Risiko des Unterliegens mit dem Abänderungsbegehren nach § 10a VAHRG aufzuerlegen, da diese Vorschrift nicht dazu diene, dem Halbteilungsgrundsatz primäre Geltung zu verschaffen, sondern nur dazu, Korrekturen in den Fällen zuzulassen, in denen er nachhaltig verletzt sei.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 30.08.2005, 2 UF 109/05