Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, welches Recht in den Fällen anzuwenden ist, in denen der Versorgungsausgleich vom alten in das neue Recht übergeleitet wurde und welches Recht für die Bestimmung des Verfahrenswertes zugrunde zu legen ist.
Ferner hat sich das OLG Thüringen mit der Frage auseinandergesetzt, welcher Zeitpunkt maßgeblich ist, wenn dabei die Einkünfte der Ehegatten eine Rolle spielen.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien wurde im Jahre 2001 geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt.
Die Antragsgegnerin beantragte am 5.11.2009 die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund des angestrebten Bezuges einer Erwerbsunfähigkeitsrente.
Nach den neu eingeholten Auskünften der Versorgungsträger hatte der Ehemann in der gesetzlichen Rentenversicherung während der Ehezeit Ost-Anrechte und die Ehefrau sowohl Ost- als auch West-Anrechte erworben.
Das FamG hat sodann den Versorgungsausgleich hinsichtlich der beiderseitigen Ost-Anrechte geregelt, den Ausgleich der Westanwartschaften der Ehefrau allerdings gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen.
Der Verfahrenswert wurde erstinstanzlich unter Berücksichtigung dreier Anrechte sowie eines 10-%igen Anteils des in drei Monaten erzielten gemeinsamen Nettoeinkommens von 680,00 EUR auf 2.040,00 EUR festgesetzt. Die Beschwerde hinsichtlich dieser Festsetzung wurde ausdrücklich zugelassen.
Mit ihrer Beschwerde vom 21.5.2010 begehrte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Anhebung des Verfahrenswertes unter Berücksichtigung des Ansatzes von 20 % des gemeinsamen Nettoeinkommens der Eheleute.
Das Rechtsmittel führte zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Entscheidung
Das OLG Jena hielt das neue Recht des FamGKG für anwendbar. Das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren sei nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbständige Familiensache unter Anwendung des ab 01.09.2009 geltenden Rechts fortzuführen. Die Regelung des Art. 111 FGG-RG sei ebenfalls für die Anwendung des Kostenrechts maßgebend und verdränge insbesondere § 63 FamGKG.
Die Berechnung des Verfahrenswertes richte sich daher nach § 50 Abs. 1 FamGKG. Danach betrage der Verfahrenswert hier für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten, insgesamt daher mindestens 1000,00 EUR. Mit 20 % des dreifachen Nettoeinkommens der Parteien je Anrecht sei der Wert hingegen nur dann anzusetzen, wenn der Versorgungsausgleich nach § 20 bis 27 VersAusglG durchgeführt werde, nicht aber auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall ein Ausgleich auf der Grundlage von § 1 bis 19 VersAusglG zeitlich nach der Scheidung erfolge.
Für die Wertermittlung sei das Nettoeinkommen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Ehescheidungsantrages zugrunde zu legen. Bei dem Versorgungsausgleichsverfahren handele es sich um ein Antragsverfahren, da letztendlich erst mit dem Scheidungsantrag auch die Verbundsache Versorgungsausgleich eingeleitet werde. Ein von Amts wegen einzuleitendes isoliertes Versorgungsausgleichsverfahren sei dem Gesetz fremd.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 14.06.2010, 1 WF 204/10