Leitsatz
Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung setzen sich teilweise aus mehreren Bausteinen zusammen. Im Rentenfall wird in der Regel eine einheitliche Zahlung an den Rentner geleistet. Gegenstand dieser Entscheidung war die Frage, ob es sich bei einer solchen Baustein-Versorgung um ein einheitliches Anrecht handelt oder die getrennte Behandlung der einzelnen Bausteine im Versorgungsausgleich geboten ist. Daher ging es um die Frage, ob ein Ausschluss geringwertiger Anrechte nach § 18 VersAusglG auch dann in Betracht kommt, wenn bei dem Versorgungsträger ein zu vernachlässigender Verwaltungsaufwand für den Fall der Teilung entsteht.
Sachverhalt
Die im Jahre 1999 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch das Familiengericht im Juli 2010 geschieden. Der Ehemann hatte während der Ehezeit Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung bei der Volkswagen AG erworben, die sich aus der "betrieblichen Grundversorgung" der "Beteiligungsrente I" und aus der "Beteiligungsrente II" zusammensetzte. Bezüglich aller betrieblichen Anrechte wurde der Versorgungsausgleich vom FamG zugunsten der Ehefrau im Wege der externen Teilung in die Versorgungsausgleichskasse durchgeführt.
Die Volkswagen AG als Beteiligte hat gegen die Einbeziehung der Beteiligungsrente I in den Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt, da es sich hierbei um ein nicht auszugleichendes Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert handele. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde blieb beim BGH ohne Erfolg.
Entscheidung
Der BGH hat die Entscheidung des OLG bestätigt, dass das ihm in § 18 Abs. 2 VersAusglG eingeräumte Ermessen in rechtsfehlerfreier Weise ausgeübt habe, indem es das geringfügige Anrecht des Ehemannes aus der Beteiligungsrente I in den Versorgungsausgleich einbezogen habe. Die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes bei der Volkswagen AG beruhe auf einer Direktzusage und setze sich aus drei Bausteinen zusammen: der vom Arbeitgeber finanzierten Grundversorgung, der durch vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers finanzierten Beteiligungsrente I und der durch Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer finanzierten Beteiligungsrente II. Im Leistungsfall werde aus allen drei Komponenten eine einheitliche Rente gezahlt. Aufgrund der unterschiedlichen Struktur und Finanzierung handele es sich bei den einzelnen Bausteinen um jeweils gesondert im Versorgungsausgleich auszugleichende Anrechte.
Der Zweck des § 18 Abs. 2 VersAusglG bestehe in erster Linie darin, zu vermeiden, dass dem Versorgungsträger durch die Teilung und Aufnahme eines neuen Anwärters ein gemessen an dem geringen Ausgleichswert unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand entstehe. Dabei stehe das gesetzliche Leitbild der internen Teilung im Vordergrund. Bei der Ermessensabwägung im Rahmen des § 18 Abs. 2 VersAusglG seien daher die Belange der Verwaltungseffizienz des Versorgungsträgers gegen das Interesse des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Übertragung auch geringer Ausgleichswerte abzuwägen. Dabei dürfe der Halbteilungsgrundsatz nicht außer Betracht bleiben. Könne die mit § 18 Abs. 2 VersAusglG bezweckte Verwaltungsvereinfachung nicht in einem den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigenden Maß erreicht werden, gebühre dem Halbteilungsgrundsatz der Vorrang.
Bei externer Teilung sei der Verwaltungsaufwand des Versorgungsträgers gering. Die Kosten einer externen Teilung rechtfertigten regelmäßig nicht den Ausschluss eines Anrechts wegen Geringfügigkeit. Auch werde durch die angeordnete Teilung kein unwirtschaftliches Kleinstanrecht begründet, da die Ehefrau aufgrund der externen Teilung mehrere Anrechte bei der Versorgungsausgleichskasse erhalte.
Hinweis
Im Versorgungsausgleichsverfahren muss der Verfahrensbevollmächtigte des Ausgleichsberechtigten bei geringfügigen Anrechten prüfen, ob sein Mandant auf die Teilung angewiesen ist. Dabei ist die gesamte Altersversorgung der Beteiligten zu bilanzieren sowie auch deren konkrete Vermögenssituation.
Ist der Mandant auf die Teilung angewiesen, müssen die wesentlichen Gründe dem Gericht dargelegt werden, da nur auf diese Weise das Gericht im Rahmen seiner Ermessensausübung ausnahmsweise einen Ausgleich durchführen kann.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 30.11.2011, XII ZB 79/11