Leitsatz
Die Beteiligten hatten im Jahre 1990 die Ehe geschlossen. Mit Beschluss vom 15.6.2010 wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt, in dem jedes Anrecht der beteiligten Eheleute, namentlich die Anrechte des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie bei der G. AG sowie die Anrechte der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und bei der G. AG im Wege der internen Teilung ausgeglichen wurde.
Die G. AG hat gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt und die Ansicht vertreten, der Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei ihr habe zu unterbleiben, da für dieses Anrecht der Geringfügigkeitsgrenzwert nicht überschritten werde. Die Umsetzung des Beschlusses stelle einen unverhältnismäßig hohen Aufwand dar. Besondere Umstände für einen Ausgleich des geringfügigen Anrechts seien nicht ersichtlich.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht und kam zu dem Ergebnis, das Anrecht der Antragsgegnerin aus der privaten Altersversorgung bei der G. AG sei nach § 10 Abs. 1 VersAusglG im Wege der internen Teilung zugunsten des Antragstellers auszugleichen.
Eine Ausnahme nach § 18 VersAusglG kam im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Danach solle das FamG bei Bagatellwerten vom Ausgleich der Anrechte absehen, wenn gemäß Abs. 1 die Differenz der Ausgleichswerte beiderseitiger Anrechte gleicher Art oder gemäß Abs. 2 der Ausgleichswert eines Anrechts gering sei. Dabei sei vorrangig ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 18 Abs. 1 VersAusglG vor § 18 Abs. 2 VersAusglG zu prüfen. Erst wenn ein Absehen vom Ausgleich wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ausscheide, komme eine Prüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG in Betracht.
Eine geringfügige Differenz der Ausgleichswerte der Anrechte der Beteiligten bei der G. AG gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG sei nicht gegeben.
Ein Absehen vom Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der G. AG sei auch nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht ausgeschlossen. Im Hinblick darauf, dass der Ausgleichswert unter dem Grenzwert i.H.v. 3.024,00 EUR zum Ehezeitende liege, stehe ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs bzgl. dieses Anrechts gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG im Ermessen des Gerichts. Die Prüfung des § 18 Abs. 2 VersAusglG entfalle nicht deshalb, weil nicht gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG vom Versorgungsausgleich bei beiderseitigen Anrechten gleicher Art abgesehen werde.
Eine solche Anwendungssperre ergebe sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung.
Liege ein Bagatellfall gemäß § 18 Abs. 1 und/oder Abs. 2 VersAusglG vor, führe dies zwar regelmäßig, aber nicht zwingend zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Dies folge aus dem Charakter der gesetzlichen Regelung als Sollvorschrift. Das Gesetz räume dem Familiengericht bei der Anwendung des § 18 VersAusglG ein Ermessen ein. Deshalb müsse das Gericht zusätzlich prüfen, ob im Einzelfall die Durchführung des Versorgungsausgleichs trotz geringfügiger Differenz- bzw. Ausgleichswerte gleichwohl geboten sei.
Die Ausübung des Ermessens führe im vorliegenden Fall zum Ausgleich des geringfügigen Anrechts der Antragsgegnerin bei der AG. Der Halbteilungsgrundsatz werde verletzt, wenn beide Eheleute gleichartige Anrechte in demselben Versorgungssystem erworben hätten und die Differenz der Ausgleichswerte nicht gering sei, wohl aber der Ausgleichswert des Anrechts eines Ehepartners. Anderenfalls erhalte die Antragsgegnerin die Hälfte des Ehezeitanteils der privaten Altersversorgung des Antragstellers, während ihr das eigene Anrecht ungekürzt erhalten bleibe.
Der Durchführung des Ausgleichs stehe trotz Geringfügigkeit im vorliegenden Fall der Normzweck nicht entgegen. Zweck der Regelung in § 18 VersAusglG sei es, den Versorgungsausgleich dann auszuschließen, wenn die Durchführung unverhältnismäßig und aus Sicht der Parteien nicht vorteilhaft sei. Maßgeblich sei das Argument des unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwandes für den Versorgungsträger durch Teilung und Aufnahme eines neuen Anwärters. Hier sei jedoch eine Zersplitterung der Altersversorgung durch die interne Teilung nicht zu befürchten, da beide Beteiligte bereits Anrechte auf eine private Altersversorgung bei der Beschwerdeführerin erworben hätten.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.01.2011, 18 UF 150/10