Leitsatz
Das FamG hatte mit Beschluss vom 9.6.2010 die Ehe der Parteien geschieden und dabei von der Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich der von den Beteiligten erworbenen Rechte in der gesetzlichen Rentenversicherung abgesehen. Die Antragstellerin hatte dort Entgeltpunkte von 0,2651 mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 814,82 EUR und 1,5827 Entgeltpunkte (Ost) mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 4.097,65 EUR während der Ehezeit erworben. Die Anrechte des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung beliefen sich auf 1,5295 Entgeltpunkte mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 4.699,64 EUR.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die DRV als weitere Beteiligte zu 1. und vertrat die Auffassung, der Versorgungsausgleich habe hinsichtlich der Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unterbleiben dürfen, da keine Geringfügigkeit vorliege.
Ihr Rechtsmittel erwies sich als begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Die Beschwerdeberechtigung der weiteren Beteiligten zu 1. ergab sich aus § 59 Abs. 1 FamFG, da sie als Versorgungsträgerin über die ordnungsgemäße Durchführung des Versorgungsausgleichs zu wachen habe.
Tatsächlich habe das AG in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht von der Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich der Anrechte der Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung abgesehen.
In die Prüfung der Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 1 VersAusglG könnten nur die Entgeltpunkte einbezogen werden, die die Beteiligten außerhalb des Beitragsgebiets erworben hätten. Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) seien nicht gleicher Art i.S.d. Vorschrift. Vielmehr handele es sich bei Entgeltpunkten um regeldynamische, bei Entgeltpunkten (Ost) um angleichungsdynamische Anrechte. Beide unterlägen einer unterschiedlichen Weiterentwicklung und könnten deshalb im Rahmen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht miteinander verrechnet werden.
Maßgeblich für die Betrachtung der Geringfügigkeit seien allein die Kapitalwerte der Rentenanwartschaften.
Hinsichtlich der einzelnen Anrechte liege keine Geringfügigkeit i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG vor bzw. sei der Versorgungsausgleich trotz Geringfügigkeit durchzuführen.
Die Entgeltpunkte (Ost) der Antragstellerin i.H.v. 1,5287 und die Entgeltpunkte des Antragsgegners i.H.v. 1,5295 seien jeweils nicht geringfügig im Sinne des Gesetzes.
Geringfügig i.S.v. § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG sei lediglich die Anwartschaft der Antragstellerin i.H.v. 0,2651 Entgeltpunkten. Der Ausgleichswert betrage insofern 814,82 EUR und liege damit unter dem Grenzwert von 3.024,00 EUR.
Obgleich nach dem Willen des Gesetzgebers in einem solchen Fall der Ausgleich unterbleiben solle, hielt das OLG in Ausübung des ihm hier zustehenden Ermessens die Durchführung des Versorgungsausgleichs für geboten, da die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG im vorliegenden Fall dessen Zweck verfehlen würde. Die Vorschrift solle dem Versorgungsträger den Aufwand ersparen, für wertmäßig geringe Anrechte den Versorgungsausgleich umzusetzen. In der hier vorliegenden Konstellation sei jedoch unzweifelhaft ein weiteres bei der weiteren Beteiligten zu 2. bestehendes Anrecht auszugleichen. Die Teilung des geringfügigen Anrechts verursache deshalb keinen nennenswerten Mehraufwand.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 09.09.2010, 23 UF 478/10