Leitsatz
Das erstinstanzliche Gericht hatte die von dem Ehemann bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften im Wege des analogen Quasi-Splittings übertragen und hierbei die Zusatzrente des Ehemannes mit Hilfe der Tabelle 1 der Barwertverordnung in einen dynamischen Wert umgerechnet.
Gegen diese Entscheidung legte der Kommunale Versorgungsverband Beschwerde ein.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 26.2.1955 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 15.3.2002 zugestellt. Die Ehe wurde durch Urteil vom 21.5.2003 geschieden, die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt.
Beide Parteien bezogen am Ende der Ehezeit bereits eine Vollrente wegen Alters. Der Ehezeitanteil der Rente der Ehefrau bei der BfA betrug 421,64 EUR, derjenige der Rente des Ehemannes bei der LVA Baden-Württemberg 1.299,53 EUR monatlich. Darüber hinaus bezog der Ehemann eine Rente bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (ZVK-KVBW), deren Ehezeitanteil 399,20 EUR betrug. Der Wert des Anrechts stieg ab Rentenbeginn jährlich um 1 %.
Das erstinstanzliche Gericht regelte den Versorgungsausgleich mit Beschluss vom 12.9.2003 dahingehend, dass es Rentenanwartschaften in Höhe von 438,95 EUR von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertrug sowie zu Lasten der Zusatzversorgung des Ehemannes bei der ZVK-KVBW Rentenanwartschaften i.H.v. 113,54 EUR auf dem Versicherungskonto der Ehefrau begründet hat.
Zur Ermittlung des im Wege des analogen Quasi-Splittings zu übertragenden Betrages hat es dabei die Zusatzrente des Ehemannes bei der ZVK-KVBW i.H.v. 399,20 EUR monatlich mit Hilfe der Tabelle 1 der Barwertverordnung in einen dynamischen Wert von 227,08 EUR umgerechnet.
Gegen diese Entscheidung legte die ZVK-KVBW Beschwerde ein mit der Begründung, dass das bei ihr bestehende Anrecht des Ehemannes nicht nach Tabelle 1 der Barwertverordnung, sondern - da der Rentenfall bereits eingetreten sei - nach Tabelle 7 der Barwertverordnung hätte dynamisiert werden müssen. Es ergäbe sich dann lediglich ein dynamischer Wert i.H.v. monatlich 211,50 EUR.
Die Beschwerde führte zu einer Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, dass allein der Charakter der Zusatzversorgung des Ehemannes im Leistungsstadium bestimme, ob es sich bei dieser Zusatzversorgung um eine volldynamische Anwartschaft handele, da der Versicherungsfall bereits während der Ehezeit eingetreten sei. Es könne daher dahinstehen, ob die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Anwartschaftszeitraum wegen des der künftigen fiktiven Kapitaldeckung zugrunde liegenden Rechnungszinses und der daraus entstehenden Überschüsse als volldynamisch anzusehen sei.
Das OLG bejahte unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Schleswig mit Beschluss vom 21.11.2003 - 12 UF 162/03 - unter Zugrundelegung der von Glockner (FamRZ 2003, 1233 ff.) ermittelten Jahresdurchschnittserhöhung der gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitraum 1995 bis 2004 eine Volldynamik.
Ein Versorgungsanrecht steige in seinem Wert in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie die gesetzliche Rentenversicherung oder die Beamtenversorgung, wenn es ähnlich wie diese der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst wird.
Für die Frage der Vergleichbarkeit sei eine Rückschau auf einen längerfristigen vergangenen Zeitraum bis in die jüngste Zeit vor der Entscheidung sowie eine Prognose der künftigen Entwicklung erforderlich (BGH FamRZ 1983, 40, 42; 1992, 1051, 1053; 1997, 164 ff.; 1998, 424 f. m.w.N.).
Die aus der Vergangenheit stammenden Daten könnten nicht einfach fortgeschrieben werden, vielmehr seien auch künftige hinreichend wahrscheinliche Entwicklungen zu berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.02.2004, 18 UF 247/03