Leitsatz

Private Rentenversicherungen bieten ihren Versicherungsnehmern häufig die Möglichkeit, anstelle einer Rente durch Ausübung eines Wahlrechts eine Kapitalauszahlung zu erhalten. Der BGH hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, ob solche Anrechte nach Ausübung des Kapitalwahlrechts noch im Versorgungsausgleich auszugleichen sind.

 

Sachverhalt

Beide Eheleute hatten während der Ehezeit vom 01.12.2004 bis zum 30.11.2009 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, von deren Ausgleich das FamG wegen nur geringfügiger Differenz der Ausgleichswerte gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG abgesehen hatte. Daneben hatte der Ehemann während der Ehezeit Anrechte aus einer privaten fondsgebundenen Rentenversicherung mit einem ehezeitlichen Kapitalwert von 24.579,40 EUR erworben. Für diese Versicherung übte er am 17.10.2010 das ihm vertraglich eingeräumte Kapitalwahlrecht aus. Die Teilungsordnung des Versicherten sah vor, dass private Rentenversicherungen dem Versorgungsausgleich unterliegen, soweit nicht zum Ehezeitende das Kapitalwahlrecht ausgeübt wurde.

Das FamG hat die Durchführung des Versorgungsausgleichs für das Anrecht des Ehemannes abgelehnt, da es sich nach Ausübung des Kapitalwahlrechts nicht mehr um eine ausgleichsfähige Rentenanwartschaft handele. Das KG hat die Beschwerde der Ehefrau, mit der sie die Einbeziehung der privaten Lebensversicherungen in den Versorgungsausgleich begehrte, zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte die Ehefrau ihr Beschwerdeziel weiter.

 

Entscheidung

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde der Ehefrau unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung auch schon zur Rechtslage vor dem 01.09.2009 zurückgewiesen. Der Versorgungsausgleich sei auf Rentenanrechte beschränkt. Anrechte aus einer Kapitalversicherung unterlägen dem Versorgungsausgleich grundsätzlich nicht.

Für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich sei der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung bestimmend. Sowohl in den Fällen, in denen eine private Rentenversicherung ein Kapitalwahlrecht vorsehe, als auch in den Fällen, in denen eine Lebensversicherung auf Kapitalleistung ein Wahlrecht auf Renten vorsehe, falle dieses Anrecht nicht mehr in den ursprünglichen Ausgleich, wenn das Wahlrecht bis zur Entscheidung des Beschwerderechts ausgeübt worden sei. Dem stehe das Stichtagsprinzip der §§ 3 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 2 VersAusglG nicht entgegen, denn die Ausübung des Kapitalwahlrechts sei eine zu berücksichtigende Veränderung i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG.

Das Anrecht sei auch nicht dem Stichtagsprinzip beim Zugewinn entzogen, da es als wirtschaftlicher Wert schon bei Rechtshängigkeit vorhanden gewesen sei und der bloße Wechsel der Ausgleichsform nicht ausschließe, das Anrecht nach Ausübung des Wahlrechts in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen.

Auch der Halbteilungsgrundsatz werde hierdurch nicht verletzt, denn der Wert werde güterrechtlich ausgeglichen.

Bei zwischen den Eheleuten vereinbarter Gütertrennung sei der Nichtausgleich eine Folge der notariellen Vereinbarung und nicht Folge dessen, dass solche Ansprüche nicht dem Versorgungsausgleich unterlägen.

Eine analoge Anwendung der Vorschriften des VersAusglG auf Kapitalversicherungen scheide aus, da keine unbewusste Regelungslücke vorliege, weil der Gesetzgeber die Regelung bewusst auf Leistungen als Rentenzahlungen erstreckt habe.

 

Hinweis

Die Rechtsprechung des BGH führt in der Praxis dazu, dass schon bei Abschluss von Eheverträgen über den Ausgleich privater Lebensversicherungen mit Kapitalwahlrecht nachgedacht werden muss. Dies gilt insbesondere vor dem Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Der Praktiker muss gegenüber seinem Mandanten, wenn dieser eine private Lebensversicherung mit Kapitalwahlrecht abgeschlossen hat, eventuell empfehlen, von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Die Ausübung des Wahlrechts ist nicht treuwidrig, auch wenn das Wahlrecht bei bestehender Gütertrennung ausgeübt wird, um die Versicherung dem Versorgungsausgleich zu entziehen und als Folge dessen ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattfinden kann. Der BGH hat schon in einer früheren Entscheidung (NJW-RR 1993, 770) klargestellt, dass ein solcher Verstoß nur das Innenverhältnis zwischen den Eheleuten betrifft, nicht jedoch die Wirksamkeit der Wahlrechtsausübung im Verhältnis zu der Lebensversicherungsgesellschaft.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 18.04.2012, XII ZB 325/11

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