Leitsatz
Das OLG Oldenburg hat sich in dieser Entscheidung mit dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs auseinandergesetzt, wenn zwar die Differenz zwischen den einzelnen Anrechten der Beteiligten nicht gering ist, sich aber im Saldo aller gleichartigen Ausgleichswerte eine Geringfügigkeit ergibt.
Sachverhalt
Die Ehe der beteiligten Eheleute wurde durch Urteil des AG vom 14.12.2005 nach der damals geltenden Rechtslage geschieden. Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wurde nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt.
Im Dezember 2009 hat das AG das Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 50 Abs. 1 VersAusglG aufgenommen und gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG nach dem ab 1.9.2009 geltenden materiellen und Verfahrensrecht durchgeführt. Entscheidungsgrundlage waren die neu eingeholten Auskünfte. Mit Beschluss vom 12.5.2010 hat das AG den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass es eine interne Teilung der von den Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte angeordnet hat.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die DRV als Beteiligte zu 3) mit der Beschwerde und machte geltend, die Anwartschaften der Antragstellerin seien nur unvollständig berücksichtigt worden.
Das OLG hat die Beteiligten sodann mit Verfügung darauf hingewiesen, dass ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen Geringfügigkeit in Betracht komme. Die Beschwerdeführerin teilte hierauf mit, dass gegen diese Entscheidung keine Bedenken bestünden.
Das Rechtsmittel erwies sich als begründet.
Entscheidung
Beide Ehegatten hätten nach Auskunft der Versorgungsträger während der Ehezeit Anteile von Anrechten sowohl in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) als auch in der knappschaftlichen Rentenversicherung (Ost) erworben. Die Ehefrau hatte zusätzlich auch Anwartschaften auf West-Anrechte in der allgemeinen Rentenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung erworben. Zutreffend weise die Beschwerdeführerin jedoch darauf hin, dass das Familiengericht irrtümlich die von der Ehefrau in der knappschaftlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte in Form von Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost) nicht berücksichtigt habe. Diese von der Ehefrau erworbenen Anteile von Anrechten unterlägen ebenfalls dem Versorgungsausgleich.
Gleichwohl hatte nach Auffassung des OLG ein Versorgungsausgleich zwischen den beiderseitigen Anrechten der beteiligten Ehegatten wegen Geringfügigkeit nicht stattzufinden, weil die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering sei, § 18 Abs. 1 VersAusglG. Das OLG habe die Beteiligten bereits am 23.7.2010 darauf hingewiesen, dass nach § 18 Abs. 1 VersAusglG beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgeglichen werden sollten, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering sei.
Der Senat schloss sich der teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung an, wonach die auf Entgeltpunkten und auf Entgeltpunkten (Ost) beruhenden Anrechte eines Ehegatten bei der Anwendung des § 18 VersAusglG regelmäßig als Einheit anzusehen seien mit der Folge, dass nicht eines der beiden (Teil-)Anrechte wegen Geringfügigkeit eines Ausgleichswerts im Versorgungsausgleich auszunehmen sei (OLG Celle, Beschl. v. 4.3.2010 - 10 UF 282/08, = FamRZ 2010, 979-981).
Im Rahmen einer Geringfügigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG seien alle Ausgleichswerte der von den Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte gegenüberzustellen. Die in der allgemeinen Rentenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte seien unabhängig davon, ob es sich um West- oder Ost-Anrechte handele, als Anrechte gleicher Art i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG zu behandeln.
Für eine zusammenfassende Betrachtung von Ost- und West-Anrechten sowie zwischen Anrechten aus der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung spreche nicht zuletzt auch der Zweck des § 18 VersAusglG. Durch diese Regelung sollten die Versorgungsträger von dem durch die Teilung des Anrechts und die Aufnahme eines neuen Anwärters entstehenden "unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands" entlastet werden. Dieser Zwecke würde aber gerade verfehlt, wenn jedes einzelne in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Anrecht gesondert bei der Frage einer Geringfügigkeit beurteilt werden müsste.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 07.09.2010, 14 UF 96/10