Leitsatz

Die Parteien hatten im Jahre 1985 geheiratet. Die Ehefrau war von Beruf Ärztin und bezog seit dem 1.2.2005 vorgezogenes Altersruhegeld. Der Ehemann hatte bis September 1975 versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt, danach war er seit Oktober 1975 durchgängig selbständig als freier Handelsvertreter tätig. Der Scheidungsantrag wurde der Ehefrau am 11.7.2001 zugestellt.

Die im Zuge des Ehescheidungsverfahrens vom FamG eingeholten Auskünfte zu den während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten der Parteien ergaben für die Ehefrau volldynamische Anwartschaften auf eine berufsständische Versorgung in monatlicher Höhe von 2.053,35 DM sowie Anwartschaften aus der Zusatzversorgungskasse i.H.v. 658,54 DM monatlich. Der Ehemann verfügte über eine flexiblere Rentenversicherung mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 16.645,96 DM. Die Ehefrau beantragte im Ehescheidungsverfahren, den Versorgungsausgleich auszuschließen.

Diesem Antrag kam das erstinstanzliche Gericht im Verbundurteil nach und stellte fest, dass der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Zur Begründung für den Ausschluss gemäß § 1587c BGB führte es an, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs unbillig sei und die Ehefrau unangemessen benachteilige, auch wenn der von ihr zu übertragende Betrag relativ gering sei.

Mit Antrag vom 15.12.2006 begehrte der Ehemann eine Abänderung der Erstentscheidung zum Versorgungsausgleich gemäß § 10a VAHRG, weil die Annahme des FamG, dass allenfalls Beträge in einer Größenordnung von 20,00 EUR auszugleichen seien, offensichtlich nicht zutreffe. Bei seiner Bewertung habe das FamG trotz vorliegender Auskünfte die Versorgungsanwartschaften der Ehefrau mit einem Ehezeitanteil von 2.053,35 DM monatlich unberücksichtigt gelassen. Im Falle einer Einbeziehung dieser Versorgung seien zu seinen Gunsten an Anwartschaften nicht nur 20,00 EUR, sondern 627,77 EUR zu begründen gewesen. Aufgrund der fehlerhaften Berechnung sei auch die auf falscher Grundlage getroffene Ermessensentscheidung zu korrigieren.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Antrag des Ehemannes zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich seine Beschwerde, die zu einem vorläufigen Erfolg führte.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, in der Sache sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben, weil das FamG in seiner Erstentscheidung über die berufsständischen Anwartschaften der Ehefrau nicht entschieden habe. Da das FamG mit der angefochtenen Entscheidung eine Abänderung des Versorgungsausgleichs schon dem Grunde nach abgelehnt und deshalb keine Ermittlungen zur Höhe der auszugleichen Anwartschaften vorgenommen habe, sei die Sache entsprechend § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zurückzuverweisen (vgl. grundlegend BGH MDR 1982, 390; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 621e Rz. 78). Entgegen der Auffassung des FamG stehe die Rechtskraft der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich vom 26.4.2002 dem auf § 10a VAHRG gestützten Antrag nicht entgegen. Allerdings liege kein typischer Fall der sog. Totalrevision vor, wie vom Beschwerdeführer angeführt werde. Dazu sei anerkannt, dass § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG eine Abänderung immer dann zulasse, wenn ein im Zeitpunkt der Abänderungsentscheidung ermittelter Wertunterschied der ausgleichspflichtigen Versorgungsanrechte von dem in der abzuändernden Entscheidung zugrunde gelegten Wertunterschied wesentlich abweiche. Insoweit komme es nicht darauf an, ob der Unterschied auf einer erst nachträglich eingetretenen Veränderung beruhe oder seine Ursache bereits in einem Ermittlungsfehler des Erstverfahrens habe.

Vielmehr würden auch solche Abweichungen erfasst, die sich aus der nachträglichen Korrektur früherer Rechen- oder Rechtsanwendungsfehler ergäben. Hier habe zwar das Erstgericht auch den auszugleichenden Wertunterschied unzutreffend berechnet, sachlich habe es aber den Versorgungsausgleich als Härtefall gemäß § 1587c BGB ausgeschlossen.

Für diese Fälle ergebe sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 10a Abs. 1 VAHRG, dass die Rechtskraft einer Erstentscheidung nur gemäß dem veränderbaren Wertunterschied, nicht aber auch in Ansehung von Härtegründen durchbrochen werden solle. Hiermit solle das Wiederaufrollen von Beweisschwierigkeiten vermieden werden. Grundsätzlich könne daher allein mit dem Begehren, den Versorgungsausgleich nach Maßgabe der Härteregelung des § 1587c BGB herabzusetzen oder auszuschließen, ein Abänderungsverfahren nicht begründet werden. Habe umgekehrt - wie im vorliegenden Fall - die frühere Entscheidung den Versorgungsausgleich ausgeschlossen, so habe es damit sein Bewenden. Etwas anderes gelte jedoch in solchen Fällen, in denen es hinsichtlich einer Wertdifferenz an einer Entscheidung gemäß § 1587c BGB fehle. In diesem Umfang liege nämlich keine rechtskräftige - der Abänderung entgegenstehende - Erstentscheidung vor.

Ausgehend von diesen Grundsätzen könne für den vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden, dass der Änderungsant...

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