Leitsatz
Das OLG Bremen hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs gerechtfertigt ist, wenn die Ehefrau während des Zusammenlebens der Parteien ohne Kenntnis und Einverständnis des Ehemannes als Prostituierte tätig war.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Oktober 2003 geheiratet. Im August 2007 hat der Ehemann die Scheidung beantragt und gleichzeitig den Ausschluss des Versorgungsausgleichs unter Hinweis darauf, dass er im Juli 2007 aufgrund einer Rechnung über eine von der Ehefrau geschalteten Anzeige erfahren habe, dass sie sich als Prostituierte angeboten habe. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei daher grob unbillig.
Die Ehefrau hat die Tätigkeit als Prostituierte nicht bestritten.
Das FamG hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich zu Lasten des Ehemannes durchgeführt. Den Ausschluss des Versorgungsausgleichs hat das FamG abgelehnt mit der Begründung, ein Fehlverhalten der ausgleichsberechtigten Ehefrau im persönlichen Bereich, welches die Zeit nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft betreffe, rechtfertige einen Ausschluss nur dann, wenn es besonders krass sei oder unter den den anderen Ehegatten besonders belastenden Umständen geschehe.
Die zeitweilige Tätigkeit der Ehefrau als Prostituierte erfülle diese Voraussetzungen nicht. Die gegen die erstinstanzliche Entscheidung von dem Ehemann eingelegte Beschwerde erwies sich als nur teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das AG habe zu Unrecht die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB für nicht gegeben erachtet.
Die Ehefrau sei unstreitig der Prostitution nachgegangen. Entgegen der von dem erstinstanzlichen Gericht getroffenen Feststellungen habe sie diese Tätigkeit nicht erst nach der Trennung, sondern bereits während des Zusammenlebens der Parteien aufgenommen. Dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Angaben der Parteien. Von daher könne dahinstehen, ob eine erst nach der Trennung aufgenommene Tätigkeit als Prostituierte die Anwendung der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB rechtfertige.
Für das OLG stand außer Frage, dass die Ehefrau noch während des Zusammenlebens ohne Einverständnis und Kenntnis des Ehemannes die Tätigkeit als Prostituierte aufgenommen hatte. Sie habe damit die eheliche Treuepflicht nachhaltig und in besonders kränkender Weise verletzt, zumal sie ihre Dienste als Prostituierte auch öffentlich mit Fotos im Internet angeboten habe. Sie habe den Ehemann seit mindestens Anfang September 2006 hintergangen und bis zur Aufdeckung durch ihn im Juli 2007 quasi ein Doppelleben geführt.
Hierin sah das OLG ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten, das die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig sei. Der Versorgungsausgleich sei allerdings - anders als von dem Ehemann begehrt - nicht völlig auszuschließen. Wegen des Ausnahmecharakters der Regelung des § 1587c Nr. 1 BGB und der aus sozialpolitischen Gründen hoch angesetzten Interventionsgrenze komme lediglich ein Teilausschluss in Betracht.
Danach sei es angemessen und der Billigkeit entsprechend, dass der Ehemann lediglich die von ihm bis zur Aufnahme der Tätigkeit der Ehefrau als Prostituierte, d.h. bis einschließlich August 2006 erworbenen Anrechte, ausgleiche.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 07.07.2009, 4 UF 30/09