Leitsatz
Kernproblem des Falles war die Frage, wie die von dem Ehemann während der Ehezeit erworbenen Anrechte aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in dem zwischen den Parteien durchzuführenden Versorgungsausgleich in die Ausgleichsbilanz einzustellen sind.
Sachverhalt
Die Parteien waren beide italienische Staatsangehörige und hatten am 22.6.1965 geheiratet. Ihre Ehe wurde auf den am 3.3.2004 zugestellten Ehescheidungsantrag des Ehemannes durch Urteil vom 23.3.2007 geschieden. Auf Antrag der Ehefrau wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Beide Ehegatten bezogen jeweils seit Vollendung ihres 65. Lebensjahres Regelaltersrenten, der Ehemann seit dem 1.6.2004 und die Ehefrau seit dem 1.3.2004. Darüber hinaus bezog der Ehemann eine Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes.
Auf der Grundlage der von den Versorgungsträgern mitgeteilten Ehezeitanteile hat das AG die von den Ehegatten erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften ausgeglichen durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe der hälftigen Wertdifferenz von dem Versicherungskonto des Ehemannes auf das Versicherungskonto der Ehefrau. Darüber hinaus hat das AG die von dem Ehemann aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbenen Anwartschaften i.H.v. 252,92 EUR in der Weise ausgeglichen, dass es in Höhe der Hälfte dieses Betrages, also monatlich 126,46 EUR, für die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften zu Lasten der Anrechte des Ehemannes begründete.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Beteiligte zu 1) mit der Beschwerde und rügte die Bewertung der Zusatzversorgungsanwartschaften des Ehemannes. Sie vertrat die Auffassung, diese Anrechte müssten in volldynamische Anrechte umgewertet werden, da sich der Ehemann bei Ehezeitende noch in der Anwartschaftsphase befunden habe. Außerdem ergebe sich nunmehr ein Ehezeitanteil dieser Anrechte von monatlich 253,00 EUR.
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des AG, wonach die Anwartschaften des Ehemannes aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes mit dem mitgeteilten Nominalwert in die Ausgleichsbilanz einzustellen waren.
Nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2004, 1474) seien Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes - wie von dem Ehemann erworben - seit der Strukturreform 2002 im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als volldynamisch anzusehen. Solche Anrechte seien daher gem. § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB in Verbindung mit der BarwertVO in volldynamische Anrechte umzuwerten. Mit ihrem Nominalbetrag seien die Anrechte grundsätzlich nur dann in die Ausgleichsbilanz einzustellen, wenn die Rente schon zum Ende der Ehezeit bezogen wurde (BGH FamRZ 2007, 23, 27; Beschl. v. 17.1.2007 - XII ZB 168/01; Beschl. v. 25.4.2007 - XII ZB 2006/06).
Ein im Anwartschaftsstadium statisches Anrecht, aus dem erst nach Ehezeitende ein Rentenanspruch erwachse, müsse dagegen regelmäßig umgewertet werden, damit der fehlenden Dynamik in der nachehezeitlichen Anwartschaftsphase Rechnung getragen werde (vgl. OLG Celle FamRZ 2006, 1041, 1042; KG FamRZ 2006, 710).
Nach Auffassung des OLG wies der vorliegende Fall jedoch Besonderheiten auf, die eine Umwertung als nicht sachgerecht erscheinen ließen.
Danach sei eine Umwertung im vorliegenden Fall aufgrund der nachehezeitlichen Entwicklung, die in entsprechender Anwendung des § 10a VAHRG bereits im Erstverfahren zu berücksichtigen sei, nicht geboten. Für die nach Ehezeitende verbliebene Anwartschaftsphase - d.h. für den kurzen Zeitraum vom Ende der Ehezeit bis zum Beginn der Rente des Ehemannes, also die Zeit vom 1.3. bis 1.6.2004 - lasse sich kein Unterschied in der Wertentwicklung zwischen dem Anrecht des Ehemannes bei der ZVK und den nach § 1587a Abs. 3 BGB zum Vergleich heranzuziehenden Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung feststellen. Letztere hätten seit Juli 2003 eine Steigerung nicht mehr erfahren, weil der aktuelle Rentenwert unverändert geblieben sei. Auch für die überschaubare Zukunft seien im Übrigen keine nennenswerten Wertsteigerungen gesetzlicher Rentenanwartschaften zu erwarten. Da die Wertentwicklung des hier zu beurteilenden Anrechts in der Zusatzversorgung mit derjenigen in der gesetzlichen Rentenversicherung in der zu beurteilenden Anwartschaftsphase nahezu vergleichbar sei, sei gem. § 1587a Abs. 3 BGB keine Umwertung vorzunehmen.
Der Ehefrau stehe im Rahmen des nach § 1587a Abs. 1 BGB zu ermittelnden Gesamtsausgleichsanspruchs die Hälfte des Nominalwertes der auf die Ehezeit entfallenden Zusatzversorgung des Ehemannes zu, also monatlich 126,50 EUR (253,00 EUR : 2).
Das AG habe den Ausgleich insoweit zutreffend durch analoges Quasisplitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG durchgeführt.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 06.06.2007, 10 UF 83/07