Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob Anwaltszwang zur Einlegung der Beschwerde gegen eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich besteht, wenn der Versorgungsausgleich zuvor aus dem Ehescheidungsverbundverfahren abgetrennt und später wieder aufgenommen worden war.

 

Sachverhalt

Die Ehe der beteiligten Eheleute war durch Urteil vom 2.3.2009 geschieden worden. Die Folgesache Versorgungsausgleich war gemäß § 628 ZPO a.F. aus dem Ehescheidungsverbund abgetrennt worden.

Mit Verfügung vom 14.9.2009 hat das AG das Verfahren auf der Grundlage des VersAusglG fortgeführt und neue Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt. Mit Beschluss vom 8.3.2010 wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Auf Veranlassung des erkennenden Richters ist der Beschluss den beteiligten Eheleuten persönlich und den Versorgungsträgern zugestellt worden.

Mit Schreiben vom 23.3.2010 - noch am selben Tage beim AG eingegangen - hat die Antragstellerin "Widerspruch" gegen den Beschluss erhoben und die Auffassung vertreten, der Versorgungsausgleich hätte nicht durchgeführt werden dürfen, da beide Eheleute auf dessen Durchführung durch Notarvereinbarung vom 20.10.2008 verzichtet hätten.

Mit Verfügung vom 8.4.2010 hat das AG die Beteiligten wie auch die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus dem Ehescheidungsverfahren darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Familiensenate des OLG Brandenburg das Vertretungsverhältnis der Antragstellerin zu ihrer Verfahrensbevollmächtigten aus dem Scheidungsverfahren wohl fortbestehe, so dass mangels Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigte die Beschwerdefrist noch nicht zu laufen begonnen habe. Der Notarvertrag vom 20.10.2008 führe auf der Grundlage des anzuwendenden VersAusglG zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs, so dass der angefochtene Beschluss vom 8.3.2010 wohl unzutreffend sei. Dieser Fehler könne jedoch vom AG nicht mehr geheilt werden.

Sodann ist die Akte dem OLG vorgelegt worden.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel der Antragstellerin unzulässig sein dürfte, da es nicht von einem Anwalt eingelegt worden sei, die Beschwerdefrist aber erst durch die förmliche Zustellung der Beschlüsse an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in Lauf gesetzt werde.

Zugleich hat der Senat die Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 8.3.2010 und des Berichtigungsbeschlusses vom 23.3.2010 an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin veranlasst. Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin erfolgte am 31.5.2010. Eine Reaktion der Beteiligten auf die Verfügung des OLG erfolgte nicht.

 

Entscheidung

Das OLG hat die Beschwerde der Antragstellerin als unzulässig verworfen, da sie nicht durch einen Rechtsanwalt eingelegt worden war.

Gemäß Art. 111 Abs. 4 S. 1 FGG-RG seien auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt waren oder nach dem 1.9.2009 abgetrennt wurden, die nach Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften anzuwenden. Das Verfahrensrecht bestimme sich vorliegend im Hinblick auf die unter dem 2.3.2009 erfolgte Abtrennung nach dem FamFG. Dies habe vorliegend zur Folge, dass sich die beteiligten Eheleute durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssten. In Versorgungsausgleichssachen gemäß § 111 Nr. 7 FamFG bestehe ein Anwaltszwang allerdings nur dann, wenn der Versorgungsausgleich Folgesache im Scheidungsverbund sei. Im isolierten Versorgungsausgleichsverfahren sei eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten. Vorliegend sei jedoch das Verfahren über den Versorgungsausgleich als Folgesache anzusehen, so dass Anwaltszwang gelte.

In Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG sei geregelt, dass alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen im Falle des Art. 111 Abs. 4 S. 1 FGG-RG als selbständige Familiensachen fortgeführt würden. Dies bedeute aber nicht, dass der abgetrennte Versorgungsausgleich seinen Charakter als Folgesache verliere, also in vollem Umfang wie eine isolierte Versorgungsausgleichssache zu behandeln sei (a.A. OLG Naumburg, Beschl. v. 4.3.2010 - 8 WF 33/10 -, FPR 2010, 78, 85; Kemper, FPR 2010, 69, 73; Götsche, FamRB 2009, 317, 320 sowie FamRZ 2009, 2047, 2051 f.).

Im vorliegenden Verfahren habe das Verfahren über den Versorgungsausgleich durch die Abtrennung seinen Charakter als Folgesache nicht verloren. Mithin gelte nach § 114 Abs. 1 FamFG Anwaltszwang. Das Rechtsmittel der Antragstellerin sei daher gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da Beschwerde durch einen Rechtsanwalt auch nach der wirksamen Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 31.5.2010 nicht eingelegt worden sei.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22.07.2010, 10 UF 63/10

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