Zusammenfassung
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Rechtsfolge gilt, wenn der Vermieter die Versorgung der Mieträume mit Wasser und/oder Energie einstellt.
1 Die Versorgungssperre während der Mietzeit
1.1 Die Einstellung der Wasser- und/oder Energieversorgung durch das Versorgungsunternehmen
1.1.1 Die Zulässigkeit der Versorgungssperre
Die Versorgung eines Gebäudes mit Wasser, Fernwärme oder Gas erfolgt i. d. R. aufgrund eines Vertrags zwischen dem Gebäudeeigentümer und dem Versorgungsunternehmen. Erfüllt der Gebäudeeigentümer seine Zahlungsverpflichtungen trotz Mahnung nicht, sind die Versorgungsunternehmen kraft gesetzlicher Regelung berechtigt, die Versorgung nach Androhung einzustellen; vgl. § 24 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Gasversorgung in Niederdruck (Niederdruckanschlussverordnung – NDAV) vom 1.11.2006; § 33 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.6.1980; § 33 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vom 20.6.1980; § 24 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung (Niederspannungsverordnung – NAV) vom 1.11.2006.
Informationspflicht gegenüber Mieter
Hiervon ist auch der Mieter betroffen. Aus diesem Grund ist beispielsweise in § 24 Abs. 4 NDAV bestimmt, dass die Unterbrechung der Gasversorgung dem Letztverbraucher – also dem Mieter – 3 Werktage im Voraus anzukündigen ist. Die Verordnungen über die Wasser- und Fernwärmeversorgung enthalten keine vergleichbare Regelung. Jedoch wird zu Recht die Ansicht vertreten, dass auch dort eine Informationspflicht besteht, weil der Vertrag zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Gebäudeeigentümer als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Mieter zu bewerten ist. Die Regelung in § 24 Abs. 4 NDAV ist deshalb als Ausprägung eines allgemeinen Grundsatzes anzusehen.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die dem Versorgungsunternehmen eingeräumte Befugnis zur Liefersperre beim Zahlungsverzug des Kunden eine besondere Ausgestaltung der §§ 273, 320 BGB. Die Vorschrift tritt also nicht an die Stelle der gesetzlichen Zurückbehaltungsrechte, sondern stellt zusätzliche Erfordernisse auf, nämlich eine vorangegangene Mahnung zur Zahlung der Rückstände und eine Androhung der Liefersperre unter Einhaltung bestimmter Fristen.
Aus den gesetzlichen Regelungen über die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts an Wasser und Energie beim Zahlungsverzug des Kunden und der Rechtsprechung des BGH hierzu ergeben sich 2 Erkenntnisse:
- Zum einen ist ein Zurückbehaltungsrecht an den Versorgungsleistungen auch dann möglich, wenn die Lieferung wegen der uneinbringlich verstrichenen Zeit nicht nachgeholt werden kann.
- Zum anderen kann die Einstellung der Versorgungsleistungen durch den Energieversorger im Verhältnis zum Mieter nicht als verbotene Eigenmacht gewertet werden, wie dies von einem Teil der Rechtsprechung angenommen wird: Was das Gesetz ausdrücklich gestattet, kann nicht verboten sein und fällt damit nicht unter § 858 BGB (verbotene Eigenmacht).
Mieter nicht schutzlos
Die Mieter sind nicht schutzlos. Zwar können sie aus dem Vertrag zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Gebäudeeigentümer keine Rechte für sich herleiten. Ebenso kann der einzelne Mieter nicht verlangen, dass das Versorgungsunternehmen mit ihm einen Liefervertrag abschließt.
Zahlung der Rückstände
Jedoch hat jeder Mieter das Recht, durch Zahlung der Rückstände und der künftig entstehenden Verbindlichkeiten die Versorgungssperre abzuwenden.
Selbstverständlich können die Mieter die genannten Forderungen auch als gemeinschaftliche Verbindlichkeit übernehmen. Die Befugnis zur Übernahme der dem Vermieter obliegenden Verbindlichkeiten folgt aus § 267 BGB, weil eine geschuldete Leistung grundsätzlich von jedem Dritten bewirkt werden kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schuldner – hier der Gebäudeeigentümer – in Person zu leisten hat. Ein solcher Ausnahmefall liegt allerdings nicht vor.
Übernahme der ganzen Verbindlichkeit
Die Verbindlichkeit muss so übernommen werden, wie sie im Verhältnis zwischen dem Gebäudeeigentümer und dem Versorgungsunternehmen besteht. Es genügt nicht, wenn sich die Mieter lediglich zur Übernahme der künftigen Verbindlichkeiten verpflichten, weil das Zurückbehaltungsrecht des Versorgungsunternehmens auch die Rückstände umfasst. Ebenso kann der einzelne Mieter seine Zahlungen nicht auf die auf ihn entfallenden anteiligen Rückstände beschränken.
Aus den gesetzlichen Regelungen kann ein Recht zur Ratenzahlung allerdings nicht hergeleitet werden; ein solches Recht muss mit dem Versorgungsunternehmen vereinbart werden.