Leitsatz

Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass der Sondereigentümer "Gebäudeteile", die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden, auf eigene Kosten instand setzen muss, ist die Abdichtung des Daches davon nicht umfasst.

 

Normenkette

WEG §§ 14, 16 Abs. 2, 21 Abs. 5

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer streiten um das Verständnis einer Umlagevereinbarung aus dem Jahr 1973. Wohnungseigentümer B ist seit dem Jahr 1995 Eigentümer der Penthousewohnung, die eine umlaufende Dachterrasse hat. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K hat in diesem Bereich wiederholt Abdichtungsarbeiten ausgeführt, für die sie von B Aufwendungsersatz verlangt.
  2. Das Amtsgericht weist die Klage ab. K stünden unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erstattungsansprüche zu. Ein Anspruch aus §§ 677, 683, 812 ff. BGB in Verbindung mit der Gemeinschaftsordnung sei nicht gegeben, weil die von K durchgeführten Arbeiten (Erneuerung der Dachschweißbahnen und Dämmung) kein Geschäft des B gewesen sei. Denn B sei insoweit nicht zur Instandhaltung verpflichtet gewesen. Es gehe um konstruktive Teile des Gebäudes, diese stünden daher im gemeinschaftlichen Eigentum. Eine Instandhaltungspflicht ergebe sich auch nicht aus den Regelungen der Gemeinschaftsordnung. Deren § 9 sei nicht dahin gehend auszulegen, dass K auch zur Instandsetzung der Dachterrassenabdichtung verpflichtet gewesen sei. Gemäß § 9 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung sei der jeweilige Sondereigentümer zwar verpflichtet,

    Gebäudeteile, Anlagen und Teile von diesen, die entweder in seinem Sondereigentum stünden oder sich als Gemeinschaftseigentum im Bereich seines Sondereigentums befänden, instand zu halten.

    § 9 der Gemeinschaftsordnung erfasse aber nicht die Bodenplatte einschließlich Abdichtung. Bei der Auslegung müsse auch § 9 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung als Konkretisierung herangezogen werden. Darin werde die Instandhaltung bestimmter, konkret benannter Gebäudeteile (Fußbodenbelag, Wand- und Deckenputz) dem Sondereigentümer zugewiesen. Die Fassade einschließlich ihres Farbanstrichs werde hiervon jedoch gerade ausgenommen. Dies mache deutlich, dass die Instandhaltung der konstruktiven Gebäudeteile "Aufgabe der Gemeinschaft" bleiben solle. Jedenfalls fehle es an einer eindeutigen Zuweisung an den einzelnen Wohnungseigentümer. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus 2 im Oktober 2014 gefassten Beschlüssen – auch wenn diese bestandskräftig geworden seien. So sei diesen Beschlüssen nicht zu entnehmen, dass inhaltlich eine Zahlungsverpflichtung des B beschlossen worden sei. Derartige Beschlüsse wären im Übrigen mangels Beschlusskompetenz nichtig. Soweit beschlossen worden sei, gegen B Zahlungsklage zu erheben, sei dieser jedenfalls mit seinen Einwendungen nicht ausgeschlossen. Schließlich bestehe auch kein Schadensersatzanspruch gegen B. Da es bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs des Wohnungseigentums im Jahr 1995 Durchfeuchtungen im Bereich der Dachterrasse gegeben habe, könne ausgeschlossen werden, dass ein von B später veranlasster Bau eines Wintergartens zur Funktionsunfähigkeit der Abdichtung geführt habe. Ein dem B zurechenbarer Schaden sei auch nicht durch Arbeiten im Jahr 2001 entstanden. Sofern es dort der X-GmbH nicht gelungen sei, die Erneuerung der Abdichtung fachgerecht vorzunehmen, begründe dies keinen Anspruch. Ob die auf der Abdichtung verlegten Fliesen mangelhaft verlegt worden seien, könne dahinstehen. Dies sei jedenfalls nicht für Leckagen im Bereich der darunter liegenden Abdichtung ursächlich.

  3. Gegen dieses Urteil führt K Berufung. Ihrer Meinung nach ergibt sich der Anspruch aus den Regelungen in § 9 der Gemeinschaftsordnung. Deren § 9 Abs. 2 enthalte keine Einschränkung. Soweit es dort heiße, die Instandhaltungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers betreffe "insbesondere" bestimmte Bereiche, verdeutliche dies nur, dass die in § 9 Abs. 1 enthaltene grundsätzliche Übertragung der Instandhaltung in Bezug auf sämtliche Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, die sich im Bereich des Sondereigentums befänden, hiervon unberührt bleiben solle. Angesichts der bestandskräftigen Beschlüsse aus dem Oktober 2014 sei B mit seinen Einwendungen auch ausgeschlossen. Es handle sich um eine gemäß § 16 Abs. 4 WEG zulässige Regelung der Kostentragung.
 

Die Entscheidung

Ein Anspruch aus §§ 677, 683, 812 ff. BGB in Verbindung mit § 9 der Gemeinschaftsordnung bestehe nicht. B müsse die Kosten für die Dachterrassenabdichtung nicht bezahlen.

Übertragung der Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Instandsetzung und/oder Instandhaltung nach der Gemeinschaftsordnung

  1. Die Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Instandsetzung und/oder Instandhaltung bestimmter Bereiche des gemeinschaftlichen Eigentums könne durch eine Vereinbarung auf einzelne Wohnungseigentümer übertragen werden, sofern dies durch eine klare und eindeutige Regelung erfolge. Sehe eine Gemeinschaftsordnung Kostenregelungen vor (= eine Umlagevereinbarung), sei durch Auslegung zu ermitteln, wie weit diese Pflicht zulasten einzelner W...

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