Leitsatz

Verträge oder Vergleiche, mit denen einvernehmlich auf die Erbrechtsfolge Einfluss genommen werden soll, sind in "andere Verträge" über die Erbschaft i.S.d. § 2385 Abs. 1 BGB umzudeuten, soweit die Vereinbarung den rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten erkennen lässt, dass die nach der Vereinbarung als (Hof-)Erbe vorgesehene Person in jedem Fall unabhängig von der tatsächlichen Erbrechtslage den zur jeweiligen Erbschaft gehörenden Nachlass erhalten soll.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Bestimmung der Hoferbenstellung aus einer notariellen Vereinbarung.

Die Beklagte ist eines von vier Kindern der 2004 verstorbenen Erblasserin, der Kläger der Sohn ihres vorverstorbenen Bruders und mithin Enkel der Erblasserin. Seit 1974 verpachtete die Erblasserin die freiwerdenden Flächen ihres Hofes nacheinander an den Vater des Klägers, der 1995 die Landwirtschaft aufgab und die Flächen mit Zustimmung der Erblasserin an andere Landwirte weiterverpachtete. 1988 hatte die Erblasserin die Beklagte durch notarielles Testament zur Erbin und Hoferbin eingesetzt. 2005 schlossen die Familienmitglieder einen notariellen Vertrag, in dem die Beklagte zugunsten des Vaters des Klägers auf alle Ansprüche aus dem ihr erteilten Hoffolgezeugnis verzichtete und sich damit einverstanden erklärte, dass das Zeugnis diesen auch als Hoferben und -nachfolger ausweisen sollte. Weiterhin wurden Ausgleichsansprüche geregelt. Die nach § 2 Abs. 1 GstVO erforderliche Genehmigung über die Übertragung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke wurde eingeholt.

Der auf Grundlage der Vereinbarung vom Vater des Klägers gestellte Feststellungsantrag hinsichtlich seiner Hoferbenstellung wurde durch das Landwirtschaftsgericht, ebenso wie die sofortige Beschwerde, zurückgewiesen. Der Vater des Klägers verstarb während des Prozesses in 1. Instanz, die Erbenstellung des Klägers und seiner Geschwister folgt aus einem notariellen Testament. Die vom Kläger eingelegte Berufung ist zulässig und begründet, nachdem das LG seine Klage auf Eigentumsübertragung gegen die Beklagte abgewiesen hatte.

 

Entscheidung

Nach § 2039 BGB kann der Kläger als Miterbe den Anspruch seines Vaters geltend machen, soweit er Leistung an die Erbengemeinschaft fordert. Der geltendgemachte schuldrechtliche Anspruch auf Übertragung des Hofes und der zum Hof gehörenden Grundstücke wurde vom Vater 2005 durch notarielle Vereinbarung erworben.

Die Stellung als Hoferbe, also ein Erbrecht, konnte hierdurch nicht begründet werden, da dies nur auf Grundlage des Gesetzes oder einer Verfügung von Todes wegen möglich ist, nicht aber durch nachträglichen Vertrag bzw. Vergleich zwischen den Erbprätendenten, wie auch das Landwirtschaftsgericht bindet feststellte.

Jedoch ist aus der Vereinbarung eine schuldrechtliche Verpflichtung begründet worden, zugunsten des Vaters und nunmehr des Klägers als dessen Rechtsnachfolger die dingliche Rechtslage herbeizuführen, die von den Beteiligten damals übereinstimmend gewollt war. Insbesondere ein Vergleich über die Erbenstellung bei unklar erscheinender Erbrechtslage ist in einen "anderen Vertrag" über die Erbschaft nach § 2385 Abs. 1 BGB umzudeuten. Auch für den vorliegenden Fall, in dem einvernehmlich durch Vertrag auf die Erbrechtfolge Einfluss genommen werden sollte, kann nichts anderes gelten. Jedoch muss die Vereinbarung den rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten erkennen lassen, dass die nach der Vereinbarung als (Hof-)Erbe vorgesehene Person in jedem Fall unabhängig von der tatsächlichen Erbrechtslage den zur jeweiligen Erbschaft gehörenden Nachlass erhalten soll. Vorliegend ist aus der Einleitung der Vereinbarung zu entnehmen, dass eine aus Sicht der Beteiligten unklare Rechtslage geregelt werden sollte. Sie hatte danach Vergleichscharakter. Da der Vater hiernach Hoferbe sein und den Hof erwerben sollte, ergibt sich auch der rechtsgeschäftliche Wille, ihm die entsprechenden Grundstücke zu verschaffen. Dieser Wille wiederum schließt eine entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung mit ein. Tatsachen, die eine anderweitige Auslegung der Vereinbarung rechtfertigen würden, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Soweit die Beklagte die Anfechtung wegen Irrtums erklärte, fehlt es bereits an der Rechtzeitigkeit, § 121 Abs. 1 BGB. Auch ist davon auszugehen, dass die Beklagte genau die rechtsgeschäftliche Erklärung abgab, die sie damals abgeben wollte, und auch nicht über deren Bedeutung irrte. Auch eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung - wegen des Hinweises des Notars auf eine drohende Prozesslawine für den Fall, dass sie die Vereinbarung nicht unterschreiben würde - scheitert bereits daran, dass das Übel hier erkennbar nicht vom Willen des drohenden Notars abhing, und der Hinweis auch einen sachbezogenen Gesichtspunkt darstellte, der bei der hinsichtlich der Vereinbarung zu treffenden Entscheidung durchaus von Bedeutung war.

Auch ein Rücktritt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 779 Abs. 1 BGB kommt nicht in...

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