Leitsatz

Im Kaufvertrag vereinbarte Duldungspflicht (hier: Balkonanbaurechte) mit Wirkung zugunsten des jeweiligen Eigentümers als Vertragsklausel zugunsten Dritter im Sinne eines "pactum de non petendo" (Stillhalteabkommen)

 

Normenkette

§§ 157, 328 Abs. 1 BGB; § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG; § 546 ZPO

 

Kommentar

  1. Die Auslegung von Individualverträgen durch den Tatrichter kann vom Gericht der weiteren Beschwerde grundsätzlich nur darauf geprüft werden,

    • ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist,
    • ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder
    • ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht.

    Zu den anerkannten Auslegungsregeln gehört insbesondere die Berücksichtigung des mit der Absprache verfolgten Zwecks und der Interessenlage der Parteien.

  2. Wenn ein Kaufvertrag über Wohnungseigentum entgegen der Teilungserklärung die Bestimmung enthält, dass der Käufer die Durchführung von baulichen Maßnahmen (hier: nachträgliche Balkonanbauten) zu dulden hat und diesen hiermit zustimmt, dann enthält dieser Vertrag bei interessengerechter Auslegung regelmäßig ein Stillhalteabkommen (sogenanntes "pactum de non petendo"). Dadurch werden Anträge bzw. Klagen auf Beseitigung des durch diese Maßnahmen bestimmungsgemäß zustande gekommenen Zustands und auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines solches Zustands unzulässig. Die vertragliche Duldungspflicht und das "pactum de non petendo" wirken regelmäßig auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Wohnung, auch soweit die Teilungserklärung noch nicht geändert wurde (§ 328 Abs. 1 BGB). Begünstigte müssen hier nicht namentlich genannt sein; es genügt vielmehr, dass diese bestimmbar sind (BGH, NJW-RR 2008, S. 683, 684).
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss v. 4.8.2009, 32 Wx 33/09

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?